Smartphone-Markt: Das Jahr von Huawei

Der Weltmarkt stagniert. Dennoch war 2018 das Jahr von Huawei, meinen die Analysten – daran ändern auch neue iPhones und ein faltbares Samsung nichts.

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Smartphone-Markt: Das Jahr von Huawei

(Bild: c't)

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Weniger Innovation und höhere Preise bremsen das Wachstum auf dem weltweiten Smartphone-Markt. Die Verkaufszahlen für das vierte Quartal 2018 liegen mit 408 Millionen Smartphones etwa auf Vorjahresniveau, teilte das Marktforschungsinstitut Gartner am Donnerstag mit. "Die Verlangsamung bei Innovationen im oberen Marktsegment, gepaart mit Preiserhöhungen, hemmte die Entscheidung für Neuanschaffungen von High-End-Smartphones. Dies führte im vierten Quartal 2018 zu dem schwachen Marktwachstum", sagt Anshul Gupta, Senior Research Director bei Gartner. Auch für das Gesamtjahr 2018 ermittelten die Analysten nur noch ein leichtes Wachstum.

Während Samsung und insbesondere Apple im Weihnachtsquartal Federn ließen und Marktanteile einbüßten, konnten die größten chinesischen Hersteller ihre Position weiter ausbauen. Zwar konnte Apple, das im Quartal mit gleich drei neuen iPhones reüssierte, wieder an Huawei vorbeiziehen und den zweiten Platz hinter Marktführer Samsung belegen. Doch bleibt der chinesische Marktführer Apple eng auf den Fersen. Auch Oppo wächst weiter kräftig, während Xiaomi etwas nachließ.

Smartphone-Verkäufe Q4 2018 nach Hersteller (Gartner)
4. Quartal 2018 4. Quartal 2017
Hersteller Geräte MA Geräte MA Geräte +/-
Samsung 70,78 Mio. 17,3 % 74,03 Mio. 18,2 % -4,4 %
Apple 64,53 Mio. 15,8 % 73,18 Mio. 17,9 % -11,8 %
Huawei 60,41 Mio. 14,8 % 43,89 Mio. 10,8 % +37,6 %
Oppo 31,59 Mio. 7,7 % 25,66 Mio. 6,3 % +23,1 %
Xiaomi 27,84 Mio. 6,8 % 28,19 Mio. 6,9 % -1,2 %
Andere 153,21 Mio. 37,5 % 162,91 Mio. 39,9 % -6,0 %
Gesamt 408,36 Mio. 407,85 Mio. +0,1 %
Quelle: Gartner, Februar 2019

Für Gartner war 2018 "das Jahr von Huawei". Der chinesische Marktführer hat im vierten Quartal über 60 Millionen Smartphones verkauft und weist mit knapp 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr das stärkste Wachstum in der Spitzengruppe auf. Huawei konnte seine Absatzzahlen über das gesamte vergangene Jahr steigern und hat Apple inzwischen eingeholt. Der Hersteller baut seine Präsenz weiter aus und profitiert dabei von der Tochtermarke: "Huawei hat seine Wachstumschancen auch dank des anhaltenden Ausbaus der Honor-Serie genutzt", meint Gupta.

Die chinesischen Hersteller profitieren von attraktiven Geräten in der Mittel- und Einsteigerklasse. Das geht zu Lasten von Samsung und Apple, die stark auf die Spitzenklasse setzen. "Die Nachfrage nach Smartphones im Einsteiger- und mittleren Preissegment blieb in allen Märkten hoch, wohingegen sich die Nachfrage nach hochwertigen Smartphones im vierten Quartal 2018 weiter abgeschwächt hat“, meint Gupta. Ein Grund sind die Preiserhöhungen: Die Spitzengeräte von Samsung und Apple haben die 1000-Euro-Schallmauer durchbrochen. Offenbar sind einige Fans nicht mehr bereit, diese Preise zu bezahlen und wandern ab.

Die Premium-Geräte chinesischer Hersteller seien günstiger als die entsprechenden Modelle von Samsung und Apple, böten aber vergleichbare Leistung, sagt Gupta. "Deshalb haben sich mehr Verbraucher für Smartphones chinesischer Anbieter entschieden." Auch beim Image haben die Chinesen aufgeholt. "Früher haben Leute ihr Smartphone von Apple oder Samsung stolz vorgezeigt, heute machen sie das auch mit Marken wie Vivo", meint Gupta.

Die hohen Preise führen auch dazu, das die Nutzer ihre Geräte länger behalten und Neuanschaffungen verschieben – zumal die Innovationsschübe von Generation zu Generation kleiner werden. Das trifft auch Apple, dessen Fans gerne jeden Produktzyklus mitmachen. "Apple hat nicht nur damit zu schaffen, dass Käufer ein Upgrade verschieben und lieber auf noch innovativere Smartphones warten, sondern wird auch weiterhin mit attraktiven Ober- und Mittelklassegeräten der chinesischen Hersteller konfrontiert sein", erklärt Gupta.

Smartphone-Verkäufe 2018 nach Hersteller, Gartner
2018 2017
Hersteller Geräte MA Geräte MA Geräte +/-
Samsung 295,0 Mio. 19,0 % 321,3 Mio. 20,5 % -8,2 %
Apple 209,0 Mio. 13,4 % 214,9 Mio. 14,4 % -2,7 %
Huawei 202,9 Mio. 13,0 % 150,5 Mio. 8,9 % +34,8 %
Xiaomi 122,4 Mio. 7,9 % 88,9 Mio. 5,7 % +37,6 %
Oppo 118,8 Mio. 7,6 % 112,1 Mio. 4,8 % +6,0 %
Andere 607,0 Mio. 39,0 % 648,8 Mio. 45,7 % -6,4 %
Gesamt 1555,3 Mio. 1536,5 Mio. +1,2 %
Quelle: Gartner, Februar 2019

Die starke Mittelklasse der großen chinesischen Hersteller bekommen auch die kleineren Marken zu spüren, die in diesem Segment ihr Hauptgeschäft machen. Der Wettbewerb ist hart. HMD Global, das die Traditionsmarke Nokia wiederbelebt hat, landet laut Zahlen von Canalys in Europa mit einem Marktanteil von 2,4 Prozent auf dem fünften Platz, muss aber Federn lassen. 1,3 Millionen Geräte hat HMD im vierten Quartal in Europa abgesetzt, das sind 18 Prozent weniger als im Vorjahr. Auch Wiko, das stark auf das Einsteigersegment setzt, wird es da nicht leicht haben.

Marktführer Samsung hat auf den Trend reagiert und baut seine Mittelklasse mit attraktiven Modellen aus. Dennoch bleibt der Druck der chinesischen Konkurrenz in diesem Segment hoch. "Samsung hat Schwierigkeiten, signifikante Innovationen bei den High-End-Smartphones zu liefern", meint Gupta. Die Galaxy-S9-Familie und das Note 9 hätten im vierten Quartal kaum noch Wachstum für Samsung produziert.

Der Analyst bezweifelt, dass das am Mittwochabend vorgestellte faltbare Smartphone kurzfristig für große Nachfrage sorgen wird. "Der Markt funktioniert nicht mehr so, dass Leute sich ein Smartphone kaufen, nur weil eine neue Technologie verfügbar ist." Das sei noch anders gewesen als Smartphones mit dem schnelleren LTE-Datenfunk (4G) herauskamen. Der Nutzen der auffaltbaren Smartphones sei für viele aber nicht so offensichtlich – und sie seien auch teuer. 2000 Euro will Samsung für das Galaxy Fold aufrufen.

Das Fold könne aber Nutzer ansprechen, die bereits mit einem Smartphone und Tablet unterwegs seien und so ein Gerät zuhause lassen könnten, meint Gupta. Zugleich seien aber noch viele Fragen offen: "Sind diese Geräte aufgeklappt wirklich auf einer Ebene mit einem Tablet? Und wie gut sind sie als Smartphone, wenn es zugeklappt ist?" Zugleich rechnet Gupta damit, dass faltbare Displays mit der Zeit einen enormen Effekt haben werden: "Es wird dadurch eine Menge neuer Geräteformen und Nutzungsszenarien geben."

Siehe dazu auch bei heise+:

(vbr)