Das World Wide Web, vom Urknall aus gesehen

Das CERN hat den ersten Browser WorldWideWeb rekonstruiert: So können Nutzer das Internet erleben, wie es für Surfer vor 30 Jahren aussah

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Das World Wide Web, vom Urknall aus gesehen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Im kommenden März wird ein Vorschlag gefeiert, den der Brite Tim Berners-Lee vor 30 Jahren am Kernforschungsinstitut CERN in Genf machte: Das Durchforsten großer Dokumentenberge sollte nach seinen Ideen durch ein Hypertext-System erleichtert werden, bei dem "Links" weiterführende Dokumente auf den Bildschirm zaubern. Dieser Vorschlag bildete die Grundlage für das, was sich danach rasant zu dem wunderbaren World Wide Web entwickelte. Zum Jubiläum baute ein Team des CERN den ersten von Berners-Lee entwickelten Browser namens WorldWideWeb so nach, dass er in einem modernen Browser ausgeführt werden kann.

So sieht Heise Online im vor 30 Jahren von Tim Berners-Lee entwickelten WorldWideWeb-Browser aus.

Der vor 30 Jahren verschickte Vorschlag von Tim Berners-Lee war an sich nicht revolutionär. Hypertext-Systeme hatten zuvor viele andere entworfen, etwa Ted Nelson, der sich als Erfinder des Back-Buttons bezeichnet. Was das Proposal von all den anderen unterschied, war das sehr britische "Proof of the pudding in the eating": Berners-Lee entwarf mit libWWW das Gerüst für die Dokumenten-Server und mit WorldWideWeb den ersten Browser für das Sichten der Dokumente des CERN. Dieser Browser lief auf einem NeXT-Rechner und war in Objective-C programmiert.

Weil Hardware wie Software längst nur noch in Museen besichtigt werden kann, haben Programmierer den Browser im Browser entwickelt. So kann man nachvollziehen, wie die ersten Webseiten den Kernforschern präsentiert wurden. Über das Hauptmenü kann man mit "Document" und einem Klick auf "Open from full document refence" auch heutige Web-Seiten aufrufen und sehen, wie heise online im Textmodus aussieht. Denn WorldwideWeb beherrschte noch nicht den Einbettung von Grafiken. Dies änderte sich, als der WorldWideWeb unter dem Namen Nexus weiterentwickelt wurde.

Mit dem ersten Browser kann man eine Reihe von Entdeckungen machen, etwa das Fehlen der Browserzeile mit dem Namenspfad zur angezeigten Webseite. Die sonst üblichen Buttons für das Navigieren sind in einem eigenen Navigate-Menü untergebracht, das als "Panel" auf dem Bildschirm fixiert werden kann. Neben dem WorldWideWeb für NeXT-Rechner wurde am CERN der zeichenorientierte Browser für Terminals entwickelt. Der Aufbruch in die bunte Welt des World Wide Web erfolgte bald danach mit dem Viola WorldWideWeb HypermediaBrowser im Jahre 1991 mit der Version 0.8.

Zu diesem Zeitpunkt war das Web bereits so populär, dass der Entwickler Pei-Yuan Wei das Wort Browser ohne weitere Erklärung einführen konnte. Viola nutzte XWindows und war damit auf Unix-Rechner beschränkt. Wenig später begann im Herbst 1992 ein Team am National Center for Supercomputing Applications (NCSA) einen Browser namens Mosaic zu entwickeln, der nach Microsoft Windows portiert wurde. Der Rest ist Geschichte. (rbr)