Essbare Baumwollsamen

Keerti Rathore will Baumwollpflanzen neben ihren weißen Fasern zu einem weiteren Exportschlager verhelfen: ihre Samen.

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Essbare Baumwollsamen

(Bild: Texas A&M AgriLife photo by Dr. Devendra Pandeya)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

"Sie schmecken wie Kichererbsen", sagt Keerti Rathore. Der Pflanzengenetiker von der Texas A&M University hat geröstete Baumwollsamen probiert. Sie wären eine bedeutende Ressource, um die Ernährung der Menschen zu sichern – insbesondere in den Baumwolle produzierenden Ländern in Asien und Afrika. Immerhin kommen auf jedes Kilogramm Baumwollfasern 1,65 Kilogramm Samen, die nährstoffreiche Proteine (23 Prozent) und Öle (21 Prozent) enthalten.

Genutzt werden sie bisher jedoch kaum, weil sie Gossypol enthalten, ein für Menschen giftiges Pigment, das Herz und Leber schädigt. Bisher müssen die Samen daher in Ölmühlen verarbeitet und vom Gossypol befreit werden. Aber auch dann sind nur die Öle zum Kochen und als Salatöl geeignet. Die Proteine im übrig bleibenden Samenmehl sind nur als Tierfutter nutzbar.

Das wollte Rathore ändern und der Baumwollpflanze neben ihren flauschigen weißen Faserbüscheln zu einem weiteren Exportschlager verhelfen. Auf gentechnischem Weg entwickelte der Genetiker eine neue Sorte, deren Samen weit weniger Gossypol enthalten, als der FDA-Grenzwert für den sicheren Verzehr festlegt. Im Oktober 2018 hat das US-Landwirtschaftsministerium USDA der neuen Sorte ULGCS (Ultra-Low Gossypol Cottonseed) ihren Segen erteilt. Rathore hofft, dass nun auch die Zulassungsbehörde FDA grünes Licht für den Anbau gibt.

Um den Gossypol-Gehalt in den Samen zu senken, schaltete der Forscher die Produktion des Enzyms Delta-Cadinen-Synthase ab. Dieses stellt den Vorläufer des giftigen Pigments her.

Der Schritt gelang ihm mithilfe der sogenannten RNA-Interferenz. Das Verfahren nutzt aus, dass die DNA im Zellkern nicht direkt den Stoffwechsel steuert, sondern über einen Boten – die Boten-RNA. Mittels RNA-Interferenz lässt sich dieser Bote gezielt abfangen und zerstören. Die Produktion des zugehörigen Proteins wird unterbunden.

In der Natur kommen zwar Gossypol-freie Arten vor. Aber sämtliche Versuche, sie mit der Landwirtschaftsvariante zu kreuzen und eine entsprechende Baumwollsorte auf den Markt zu bringen, scheiterten. "Die Pflanzen wurden von Insekten geradezu vernichtet ", sagt Rathore. Denn das Gift erfüllt einen Zweck: Es schützt die Pflanze vor Insekten-, Bakterien- und Pilzbefall. Rathore suchte daher nach einem Weg, die Gossypol-Produktion ausschließlich in den Samen zu unterbinden. Im Rest der Pflanze sollte die Giftabwehr aktiv bleiben. Die RNA-Interferenz bot ihm genau diese Möglichkeit.

In den ersten zehn Forschungsjahren kämpfte Rathores Gruppe immer wieder mit einem Mangel an Forschungsgeldern. Nach dem ersten wissenschaftlichen Beweis in 2006, dass die Methode funktioniert, stieg das Unternehmen Cotton Inc. maßgeblich in die Finanzierung ein.

Die neue Eigenschaft ließ sich in existierende Landwirtschaftssorten einkreuzen, blieb stabil und wurde sieben Jahre in Feldversuchen getestet. "Die Jungpflanzen produzieren in ihren Blättern, Blüten und so weiter dieselbe Gossypol-Menge wie unveränderte Pflanzen", sagt Rathore. Schädliche Auswirkungen habe man nicht gefunden. Die Texas A&M University verhandelt nun mit Unternehmen, die die neue ULGCS-Sorte in ihre Landwirtschaftssorten einkreuzen wollen.

Aus dem Samenmehl ließen sich dem Wissenschaftler zufolge beispielsweise zusammen mit Weizen- oder Maismehl Brot oder Tortillas herstellen. "Am besten geeignet wären unsere gossypol-freien Baumwollsamen allerdings meiner Meinung nach als Tierfutter für Hühnchen, Fische und Shrimps", schlägt Rathore vor.

(bsc)