Mediengiganten drängen in das Internet-Musikgeschäft

Nach jahrelanger Zurückhaltung rücken die Milliarden-schweren Mediengiganten massiv in den Internet-Musikmarkt vor.

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Von
  • Matthias Schröter
  • dpa

Nach jahrelanger Zurückhaltung rücken die Milliarden-schweren Mediengiganten massiv in den Internet-Musikmarkt vor. Mit Allianzen und Investitionen wollen sie den Online-Vertieb erschließen, den sie zuvor ignoriert oder bekämpft hatten. "Die Unternehmen sind aufgeschreckt", sagte Analyst John Corcoran von CIBC World Markets. Die Majors reagieren damit auf den Trend der Online- Branche: Viele Menschen laden Musik aus dem Internet, ohne dafür zu zahlen. Zunächst zog die Rock-Gruppe Metallica gegen die US- Musiktauschbörse Napster vor Gericht. Metallica beklagte, dass ihre Songs kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden könnten. Plattenindustrie und Künstler wollten auf ihre Entgelte nicht verzichten.

Lange bekämpften sich die amerikanische Plattenindustrie und die populäre Tauschbörse Napster unter großem öffentlichem Interesse vor Gericht. Napster darf inzwischen auf einstweilige Verfügung einer amerikanischen Richterin keine kommerziellen Titel mehr anbieten. Diese aus dem Dienst herauszufiltern, ist jedoch nie richtig gelungen.

Innerhalb weniger Tage wurden jetzt die großen Medienkonzerne im Internet-Musikmarkt aktiv. Sony Music und Vivendi Universal taten sich zusammen und gaben am Donnerstag bekannt, mit dem Internetportal Yahoo einen gebührenpflichtigen Musikkanal aufzubauen. "Das ist ein Schritt in eine neue Welt", tönte US-Sony-Chef Howard Stringer. Über eine Zusammenarbeit von Vivendi und einer der ältesten MP3-Musikplattformen, Emusic, wurde am Freitag ebenfalls berichtet.

Nur wenige Tage älter ist die Bekanntgabe der Online-Plattform MusicNet. In ihr schlossen sich Warner Music, Bertelsmann Music Group (BMG) und EMI zusammen. Napster tauchte in der ersten Pressemitteilung nur noch in einem Nebensatz auf, als einer der möglichen Kunden für die Musikrechte. Ab Juli planen Bertelsmann und Napster mit seinen 60 Millionen Usern weltweit ein gebührenpflichtiges Angebot.

Andere Unternehmen ziehen nach. Neben einem Versuch des Musiksenders MTV, ins Onlinegeschäft einzusteigen, stellte der Software-Riese Microsoft diese Woche ein neues Portal ins weltweite Datennetz. Dort kann allerdings nur Musik gehört und dann über einen Plattenversand bestellt werden. Auch einzelne Künstler streben ins Netz. David Bowie kündigte an, ein eigenes Internetradio zu starten – Download jedoch verboten.

Neben Napster existieren weitere Tauschbörsen im Netz. Gegen sie ist es jedoch teilweise schwer, juristisch vorzugehen, da sie im Gegensatz zu Napster nicht über einen einzigen zentralen Server verfügen oder gar ganz auf sie verzichten. Hunderte von Server-Betreibern oder gar jeder einzelne Nutzer müssten wegen des illegalen Tausches verklagt werden. Strittig ist vor allem bei amerikanischen Analysten, ob in dem Markt Geld verdient wird. Vivendi-Chef Jean-Marie Messier meint jedoch: "Es ist klar geworden, dass Onlinemusik ein riesiges Geschäft sein wird." (Matthias Schröter, dpa) / (jk)