TikTok: Eine Frage des Alters

Die US-Verbraucherschutzbehörde verhängt eine Strafzahlung gegenüber der Social-Video-App Musical.ly, die jetzt durch TikTok ersetzt wurde. Das soll Apps, die eine ähnliche Datensammelei bei Kindern verfolgen, ein Denkzettel sein. Reicht das?

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Zugegeben: Ich gehöre mit Ü30 nicht unbedingt zu der aktiven Nutzergruppe der Social-Video App Tiktok, dennoch interessiert mich die Begeisterung um die Anwendung sowie die rechtlichen Hintergründe. Daher nun ein kleiner Ausflug in die Welt des Lipsync und der Altersfrage.

Denn jüngst wurde der Inhaber von TikTok, das chinesische Unternehmen Bytedance, von der US-Verbraucherschutzbehörde FTC zur Kasse gebeten. Er soll 5,7 Millionen Dollar, umgerechnet 5 Millionen Euro, zahlen wegen der Verletzung der Jugendschutzgesetze (bzw. des Children’s Online Privacy Protection Acts) in Musical.ly, einer App, die Bytedance übernommen und nun als TikTok weiter erhältlich ist. Salopp ausgedrückt richtet sich die Strafe gegen die Datensammelwut der App bei Konten von Kindern. Um ein TikTok-Konto zu erstellen sind eine Altersangabe, eine E-Mail-Adresse sowie eine Telefonnummer oder ein anderer Social-Media-Login erforderlich. In den USA ist bei Nutzern unter 13 Jahren zudem die Bestätigung der Eltern einzuholen. Das geschah bei TikTok bis dato allerdings nicht.

Wem die App bisher noch nicht über den Weg gelaufen ist, dem sei kurz erklärt, was TikTok bietet und woher sie kommt: In der App lassen sich ausschließlich Videos hochladen von einer Länge bis maximal 15 Sekunden. Am beliebtesten sind dabei sogenannte Lipsync-Videos. Die Nutzer (respektive Darsteller) haben sich meist dazu noch eine Choreographie ausgedacht. Nutzer können Accounts folgen, Videos liken und natürlich gibt es bereits TikTok-“Berühmtheiten“, von denen schon so mancher Ü20-er noch nie etwas gehört hat. Im August vergangenen Jahres war TikTok mit der schon bekannten App Musical.ly verschmolzen, von da trat TikTok seinen weiteren Siegeszug auf die Smartphones von jungen Nutzern an. Zum Zeitpunkt der Fusion kam TikTok auf 500 Millionen aktive Nutzer pro Monat. Im vergangenen Jahr konnte die App laut SensorTower auf dem US-Markt in Bezug auf Downloadzahlen Apps wie Facebook, Instagram oder Snapchat den Rang ablaufen. Besonders in Ländern im südöstlichen Asien wie Indonesien, Thailand, Kambodscha und Taiwan wird TikTok genutzt.

Zwar hat das Unternehmen die Strafe akzeptiert und will zahlen, doch die Maßnahmen, die künftig für die Einhaltung des Datenschutzes bei Kindern sorgen sollen, greifen viel zu kurz. Zunächst hat der Betreiber Videos und Accounts von Kindern unter 13 Jahren einfach gelöscht. Das erregte laut eines Berichts von The Verge den Unmut der Betroffenen, da sie keine Warnung oder ähnliches erhielten und eigener Content verloren ist.

Des Weiteren arbeite Bytedance an einem „kinderfreundlichen“ Bereich in der App mit kuratierten Videos und eingeschränkten Funktionen. Ob das für die 11- und 12-Jährigen dann noch interessant klingt, ist fraglich und so bleibt die Verlockung groß, sich mit einem frisierten Geburtsdatum erneut anzumelden. Dagegen unternimmt TikTok nämlich weiterhin nichts.

Mit ihrer Datensammelwut und dem laxen Datenschutz bei Kindern steht die App natürlich nicht alleine da. Doch sie muss für die FTC nun als Exempel fungieren. "Diese Rekordstrafe sollte eine Erinnerung an alle Online-Dienstleister und Webseiten sein, die sich an Kinder richten. Wir nehmen die Durchsetzung von COPPA sehr ernst, und wir werden Firmen nicht tolerieren, die das Gesetz schamlos ignorieren“, sagte FTC-Vorsitzender Joe Simons. Der FTC steht also viel Arbeit bevor. Derweil ist es an den Eltern, ihre Kinder so gut wie möglich für den Schutz ihrer Daten im Netz zu sensibilisieren.

[Korrektur, 8.3.2019: In einer früheren Version des Textes waren falsche Angaben dazu angegeben, welche Daten zur Erstellung eines TikTok-Kontos nötig sind. Dies wurde nun korrigiert. / jle.]

(jle)