Der Mobilfunkmast auf dem Kilimandscharo
Der Turm auf dem 5.895 Meter hohen Gipfel in Tansania ist nicht nur der höchste Telekommunikations-Mast der Erde, sondern auch ein Symbol für die Handy-Manie in Ostafrika.
Auf der schneebedeckten Spitze des Kilimandscharo prangt seit neuestem ein Handy-Sendemast. Der stählerne Turm der Firma Vodacom auf dem 5.895 Meter hohen Gipfel in Tansania ist nicht nur der höchste Telekommunikations-Mast der Erde, er ist auch ein Symbol für die Handy-Manie in Ostafrika. Handy-Sendemasten sprießen dort wie Pilze aus der Erde. Sie versprechen nicht nur Entwicklung: Ein falsches Bimmeln am falschen Ort kann auch gefährlich sein.
"Wir werden unseren Kunden in Kürze das Telefonieren vom entlegensten Punkt des Landes ermöglichen", sagt ein Sprecher der Mobiltelefongesellschaft Safaricom in Kenia. Auf dem höchsten Berg des Landes, dem Mount Kenia, sei es bereits möglich. Und am entlegenen Baringo-See im Norden des Landes gebe es jetzt neben Hippos auch Handys. Die roten und weißen Masten der rivalisierenden Handyanbieter sollen demnächst auch die kenianische Savanne verzieren. "Wenn Sie als Tourist einen Löwen sehen, können Sie das gleich an ihre Großmutter in Deutschland durchtelefonieren", schwärmt der Firmensprecher.
Nun, wer es braucht... Aber natürlich gebe es für derartige Einriffe in die Natur wichtigere Kommunikationsgründe, räumte James Rege von Vodacom Tansania in der südafrikanischen Zeitung Business Day ein. Der Mast am Kilimandscharo böte wie andere Stationen in einsamen Gegenden auch schnelle Hilfe in der Not. Das tansanische Gesetz zumal kommt den Handyanbietern entgegen, indem es gar nicht erst auf langwierige Umweltstudien pocht. "Um sicherzustellen, dass unsere Aktivitäten nicht die natürliche Schönheit des Kilimandscharo stören, haben die Techniker die Basisstation im Marangu-Camp 3.000 Meter vom Gipfel entfernt aufgebaut", sagte Rege dem Wirtschaftsblatt.
In der afrikanischen Subsahara, in der nach UN-Studien bislang lediglich 1,4 Prozent aller Menschen an ein festes Telefonnetz angeschlossen sind, stören sich die wenigsten am Anblick eines Masten in einem Naturreservat. Er garantiert ihnen blitzschnell den Anschluss an die Welt, auf den sie sonst unter Umständen 20 Jahre oder länger warten müssen. Mit 0,5 Prozent Mobiltelefonbesitzern in der Gesamtbevölkerung liegt das Gebiet jedoch – lediglich unterboten von Südasien – noch immer an letzter Stelle der Weltskala.
Der neue Handy-Boom birgt für die mobilen Telefonierer in Kenia jedoch auch Gefahren: So riskieren Parlamentarier in Nairobi, aus dem Plenum zu fliegen, wenn ihr Handy während einer Sitzung bimmelt. Das Klingelkonzert der stolzen Telefonbesitzer hatte ihre mitunter neidischen Kollegen so sehr gestört, dass sie diesen Antrag im vergangenen November einbrachten.
In Supermärkten oder an Tankstellen der Stadt mit einer der höchsten Kriminalitätsraten Afrikas kann ein Anruf zur falschen Zeit dagegen fatale Folgen haben: "Ein Kunde, der zum Zeitpunkt eines Überfalls von den Gangstern beim Telefonieren ertappt wird, riskiert seinen Kopf", sagt ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes: "Der Gangster denkt sofort, dass er die Polizei alarmiert und schießt." Ein Mast in der Savanne, meint der Safaricom-Sprecher dagegen, kann weit weniger anrichten: "Kein Löwe", behauptet er, "wird sich durch das Klingeln eines Telefons gestört fühlen." (Antje Passenheim, dpa) / (jk)