Kommentar: Die Appleconomy ist komplett

Auch unsere Nachrichtenauswahl, das Entertainment und die Geldgeschäfte will uns Apple abnehmen – keine gute Idee, findet unser Autor Nico Ernst

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Apple
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Nico Ernst

In nicht allzu ferner Zukunft kann man im Apple Store ein iPad kaufen, und das mit Apple Pay oder der Apple Card über das iPhone bezahlen. Dafür gibt es ein Cashback-Guthaben, das man nur mit den Apple-Mechanismen ausgeben kann. Nur woher das Geld dafür kommt, dafür hat Apple noch keine Lösung, darum muss man sich schon selbst kümmern.

Ein Kommentar von Nico Ernst

Nico Ernst schreibt seit über 20 Jahren über IT-Themen und gelegentlich auch über Musik. Hardware, Wirtschaft und Netzpolitik sind seine bevorzugten Themen. Da er mit ZX81, C64 und Atari VCS aufwuchs kann er sich auch einem gelegentlichen Spiel noch immer nicht entziehen.

Das ergibt eine Wertabschöpfungskette, die abgesehen vielleicht von Amazon noch kein anderes Unternehmen so aufgebaut hat. Zwar verspricht Apple im Falle der Kreditkarte, dass die Transaktionen nicht an das Unternehmen übermittelt und nur auf dem iPhone gespeichert werden sollen. Dabei widerspricht sich der Milliardenkonzern aber gleichzeitig schon, denn die in der Tat bisher unleserlichen Abrechnungen vor allem von US-Geschäften sollen mittels KI, Ortserkennung und anderem verständlich gemacht werden. Wo anders als in der Cloud soll das passieren?

Ebenso mit Überwachung, der Erforschung der Vorlieben und dem Anbieten von "more of the same" sollen Apple News und Apple TV+ arbeiten: Schau her, lieber Kunde, das hier könnte Dir auch noch gefallen. Insbesondere beim Newsdienst birgt das die Gefahr, dass die Nutzer sich eine immer perfektere Filterblase zusammenklicken. Und falls Apple seine üblichen 30 Prozent oder gar die Hälfte auch für Zeitschriftenabos verlangt, werden die ohnehin vielerorts schon klammen Verlage weiter geschwächt. Warum soll man über 100 US-Dollar für ein Jahresabo einer Zeitung ausgeben, wenn man bei Apple News für 120 US-Dollar gleich mehrere davon bekommt?

Bei aller Kritik muss man Apple zugestehen, dass die Vorteile recht verlockend sind. Benutzerfreundlichkeit konnte das Unternehmen mit gewissen Ausnahmen wie kreisrunden Mäusen und Notebooks mit nur einem Anschluss ja immer schon. Eine Kreditkarte, beispielsweise, die tatsächlich gar keine Gebühren kostet, und eine so einfache App mitbringt, gibt es bisher kaum.

Nur: Wie lange soll dieses Angebot gelten? Und gibt es nicht doch Bedingungen wie einen Mindestumsatz oder ein Mindesteinkommen? Beispiel Netflix: Das Unternehmen, das mit "10 US-Dollar für alles" angetreten war, hat seine Preise nach ein paar Jahren immer wieder erhöht – als es für seine Nutzer unverzichtbar geworden war.

Solche Angebote locken die Kunden in einen immer engeren goldenen Käfig, in dem ein einzelner Konzern nun auch noch kontrolliert, was man liest, was man sieht, und im schlimmsten Fall durch wohlmeinende Vorschläge beeinflusst, wofür man sein Geld ausgibt. Gesundheitsdaten werden ohnehin schon durch die Apple Watch erhoben, da fehlt eigentlich nur noch ein Aspekt des Lebens: Bis zu Apple Date, vorgeschlagen durch die schon vorhandenen Daten, ist es nicht mehr weit.

Der für den Nutzer sichtbare Schutzmechanismus dafür heißt wie immer iPhone. Es ist der Schlüssel für den goldenen Käfig, der aber nur zum Betreten taugt, danach kommt man damit kaum wieder heraus. Vielleicht sollte man statt vom Plattformkapitalismus nun vom Persönlichkeitskapitalismus sprechen: Alles, was Du tust und denkst, sieht Dein guter Freund Apple. Und im iCapitalism verdient er an allem mit. Kein Staat, mit Ausnahme von China oder Nordkorea, käme damit durch. (nie)