Fiberdays19: Multifunktionsgehäuse als 5G-Mobilfunkzelle

Der Berliner Hersteller Sichert rüstet seine Multifunktionsgehäuse auf Wunsch auch mit Antennen aus. Damit wird das MFG zum Hotspot – auch für 5G.

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Fiberdays19: Multifunktionsgehäuse als 5G-Mobilfunkzelle
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Der Gehäusebauer Sichert zeigt auf der Glasfasermesse Fiberdays19 sein Antennendachmodul für Multifunktionsgehäuse (MFG). Damit lassen sich die grauen Verteilerkästen, die in fast jeder Straße stehen, zu einem WLAN-Accesspoint oder einer Mobilfunkzellen aufrüsten. Der Berliner Hersteller hatte einen Prototyp des Antennenmoduls im vergangenen Sommer vorgestellt. Anfang des Jahres hat die Serienfertigung begonnen, erste Bestellungen hat Sichert schon ausgeliefert.

Die Antennen sind im Dach neben den Kühlelementen integriert. Die Lüftungsschlitze der Gehäuse sind üblicherweise aus Metall. Bei dem Antennendach nimmt Sichert stattdessen den gleichen Kunststoff, aus dem auch die Außenhülle der Gehäuse ist: ein stabiles Polycarbonat. So müssen die Antennen nicht aus einem Metallkäfig funken. Den Aufbau hat sich der Hersteller patentieren lassen.

Von dem abnehmbaren Dach führt dann das Antennenkabel in den Innenraum des Gehäuses. Hier ist Platz für einen WLAN-Access-Point oder eine 5G-Mikrozelle. Strom und Netz haben die Gehäuse, in denen üblicherweise aktive Technik für die letzte Meile untergebracht ist, ohnehin.

Alleine die Telekom hat zehntausende dieser grauen Kästen auf den Straßen stehen – und stellt im Zuge ihres Netzausbaus mit Vectoring weitere auf: Je mehr Leistung der Netzbetreiber aus seinen alten Kupferleitungen kitzelt, desto näher muss er mit aktiver Technik an den Kunden rücken. Beim Glasfaserausbau werden uns die grauen Kästen erhalten bleiben – auch die letzte Meile aus Glasfaser muss irgendwo anknüpfen.

MFG mit Antennendach (5 Bilder)

Die Multifunktionsgehäuse von Sichert kommen optional mit einem Antennendachmodul.
(Bild: heise online)

Hersteller Sichert sieht in seinem Antennendach deshalb eine günstige Gelegenheit für Telcos und Kommunen, mehr Konnektivität zu schaffen. "Das ist nicht die Lösung aller Probleme, aber ein Beitrag", sagt Sichert-Chef Julian Graf von Hardenberg. Erste MFG mit Antenne hat Sichert schon ausgeliefert.

Auch die zum Teil aus Metall gebauten Kästen anderer Hersteller ließen sich bei Bedarf umrüsten: Die Sockel, auf denen die MFG stehen, und die Befestigung der Gehäuse sind normiert. Bestehende Gehäuse ließen sich vergleichsweise einfach bei laufendem Betrieb umrüsten, ohne dass die Technik angetastet werden muss. "Sie stülpen einfach eine Sichert-Gehäusehülle über die Technik", erklärt von Hardenberg.

Gerade die nächste Mobilfunkgeneration 5G ist auf mehr Antennenstandorte angewiesen, um die großen Versprechen von Gigabit-Bandbreiten und minimaler Latenz einlösen zu können. In den Städten ist nicht mehr viel Platz für große Antennenstandorte. Die Netzbetreiber setzen dabei unter anderem auf mehr Funkzellen mit kleinerem Radius – auch bedingt durch die 5G-Frequenzen, die keine großen Reichweiten erlauben.

Da drängt sich ein MFG als Standort geradezu auf. Allerdings sind die Gehäuse nicht besonders hoch und nicht alle stehen so, dass sie sich für eine gleichmäßige Ausleuchtung eignen. Solche Nachteile könnten die Netzbetreiber zum Teil kompensieren, wenn sie es bei der Standortwahl für neue Gehäuse berücksichtigen, meint der Hersteller.

Darüber hinaus ist so ein Funkdach vergleichsweise billig zu haben: Für rund 1000 Euro wird aus dem MFG ein Antennenstandort. Dazu kommen noch die Kosten für die jeweilige Funktechnik – für einen Netzbetreiber in der Summe deutlich günstiger als einen großen Antennenmast aufzubauen.

Auch andere städtische Infrastruktur eignet sich unter Umständen als Antennenstandort. Bei 5G ist die Branche derzeit sehr experimentierfreudig: Wartehäuschen, Laternenmasten, Standuhren – alles wird als möglicher Standort für Small Cells getestet.

Für Gemeinden als Eigentümer solcher Infrastruktur könnten mit 5G neue Geschäftsmodelle entstehen: Die Kommunen rüsten ihre Multifunktionsgehäuse oder Laternen selbst mit Antennen aus und vermieten sie an interessierte Telcos. Mit so einer Idee spielt auch ein großer Netzausrüster: Straßenlaternen von Kommunen übernehmen, mit 5G-Funktechnik ausrüsten und diese an Netzbetreiber vermieten. (vbr)