Automatisierung in der Sackgasse?

Maschinen verdrängen Menschen zunehmend aus der Industrieproduktion. Doch mehr klassische Automatisierung ergibt ökonomisch immer weniger Sinn, warnen Experten.

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Automatisierung, Roboter

(Bild: 
Jenson / Shutterstock.com)

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Adair Turner, ehemaliger Chef der britischen Finanzmarktaufsicht und Vorsitzender des Institute for New Economic Thinking, warnt vor einer weiteren Automatisierung. Nicht, weil Roboter Menschen die Jobs weg nehmen. Turner befürchtet vielmehr, dass Roboter und künstliche Intelligenz das Produktivitätswachstum in der Wirtschaft verlangsamen, nicht beschleunigen. Das berichtet Technology Review im neuen April-Heft.

TR 4/19

Technology Review April 2019


Wenn Roboter billiger als Menschen arbeiten, senkten Letztere den Preis ihrer Arbeitskraft, argumentiert Turner. Die mögliche Folge: Die Löhne fallen, die Arbeitszeiten nehmen zu, Automatisierung wird weniger interessant, die Produktivität wächst nicht. Tatsächlich ist nach Zahlen der OECD in fast allen Industrienationen das Wachstum der Arbeitsproduktivität seit den 1970er-Jahren gesunken – bei einer weltweit auf Hochtouren laufenden Automation der Volkswirtschaften.

Adair Turner

(Bild: 

Institute for New Economic Thinking)

Mit einer durchschnittlichen Roboterdichte von 85 Stück pro 10000 Mitarbeiter hat der globale Durchschnitt in der Fertigungsindustrie einen neuen Rekord erreicht; wobei das am stärksten automatisierte Land in Europa Deutschland ist – es liegt mit 322 Stück im weltweiten Vergleich auf Platz drei; hinter Südkorea und Singapur.

Das Wachstum der Arbeitsproduktivität (farbige Linien) ist in den vergangenen 40 Jahren in allen G7-Staaten gesunken, obwohl die Unternehmen ihre Produktionsprozesse immer weiter automatisiert haben.

(Bild: OECD)

Ein Grund für die Entwicklung ist die Sturheit der Industrieroboter; sie stanzen, schweißen, lasern und lackieren in immer exakt den gleichen Abläufen vor sich hin – abgeschottet hinter mannshohen Sicherheitskäfigen, wie gefährliche Tiere. Kleine Serien oder gar individuelle Produkte sind so nicht zu fertigen.

Eine Antwort auf diese Entwicklung könnte eine neue Generation sogenannter kollaborativer Roboter sein – kurz Cobots (Collaborative Robots). Sie arbeiten gemeinsam mit Menschen auf engstem Raum Hand in Hand. Ihnen prophezeien manche Experten eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie dem PC. Tatsächlich ist die „Mensch-Roboter-Kollaboration“ der am schnellsten wachsende Markt in der Robotik, so die International Federation of Robotics (IFR). Er werde im nächsten Jahrzehnt größer sein als jener für klassische Industriearbeitsmaschinen, von denen laut der jüngsten IFR-Prognose aus dem vergangenen Jahr bis 2020 mehr als drei Millionen im Einsatz sein werden.

Mit sinkenden Ausgaben und steigender Effizienz könnten sie Fabriken zurück an den Hochpreisstandort Deutschland holen. In den Fabriken werden dann mit Sicherheit nicht so viele Menschen arbeiten wie heute an den Fertigungsstraßen in Asien. Aber auf jeden Fall mehr als gar keine.

Den vollständigen Artikel "So geht's nicht weiter" lesen Sie in der neuen Ausgabe von Technology Review (ab sofort im gut sortierten Zeitschriftenhandel) und im heise shop bestellbar.

Siehe zur Flexibilisierung der Produktion und zur Mobilisierung der Roboter auch:

(wst)