Der Futurist: Einwegticket

Was wäre, wenn wir den Mars besiedeln würden?

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Der Futurist: Einwegticket

(Bild: Mario Wagner)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jens Lubbadeh

"Fünf Minuten", sagte die Assistentin. David Demain war nervös. Gleich würde sich entscheiden, ob er den Rest seines Lebens auf der Erde oder dem Mars verbringen würde.

Voxel für Voxel baute sich das Hologramm von Elon Musk vor ihm auf – ein digitales Duplikat des Mannes, der in diesem Moment 200 Millionen Kilometer entfernt auf dem Mars stand. Oder genauer: vor vierzehn Minuten. So lange reisten die Daten zur Erde.

"Wir machen es kurz", sagte Musk. "Wie möchten Sie den Mars zur besseren Erde machen?"

David schlug eine Trockentoilette vor, die Fäkalien in Trinkwasser und Dünger umwandelte. Es war nicht die kreativste aller Ideen. Aber Elon Musk hatte sie begeistert, und damit war sie sein Ticket in die Zukunft.

Seine Freunde hatten David für verrückt erklärt, sich bei SpaceX als Marssiedler zu bewerben. Gut, die Erde war unbequem geworden angesichts des Klimawandels. Sie aber gegen eine Steinwüste einzutauschen, schien ihnen dann doch zu radikal. Andererseits: Auf dem Mars konnte alles nur noch besser werden. Auf der Erde nicht.

Nun stand David mit neunundneunzig anderen Siedlern auf dem Launchpad des Kennedy Space Center in Cape Canaveral. Er blickte an dem silbernen, 120 Meter hohen SpaceX-"Starship" hoch, das vor ihnen stand.

16 Monate später landeten sie in einer Wolke roten Staubs. Die ersten Schritte auf dem Marsboden fühlten sich für David an, als hätte er einen Zementsack auf den Schultern – und das trotz der geringen Schwerkraft. Die monatelange Schwerelosigkeit hatte einen Großteil der Muskeln geraubt.

"Herzlich willkommen auf dem Mars!", sagte die Frau in dem Schutzanzug vor ihnen. Sie war sehr groß, David schätzte sie auf zwei Meter. Die geringe Gravitation hatte bei ihr wie bei allen anderen Bewohnern die Wirbelsäule ausgedehnt.

"Ich bin Leonie Musk und bringe Sie zu Ihren Unterkünften. Sie müssen müde sein von der langen Reise." Sie zeigte auf eine Reihe weißer, kegelförmiger Container am lachsfarbenen Horizont. Mehrere Hyperloop-Röhren zogen über die Gebäude hinweg.

"Dort werden Sie wohnen. In der Hauptstadt '42'."

Der Name war eine Anspielung auf Musks Lieblingsroman "The Hitchhiker's Guide to the Galaxy".

Sie marschierten los. Nach einigen Minuten ergriff eine der Siedlerinnen das Wort: "Sind Sie..." – und bevor sie die Frage stellen konnte, nickte Leonie. "Ja, Elon Musk ist mein Vater", sagte sie und klang dabei leicht genervt. "Und ja, ich wurde hier auf dem Mars geboren."

"Wo ist denn Ihr Vater?", fragte David.

In diesem Moment sah er die rote Staubwolke. Sie raste mit großer Geschwindigkeit direkt auf sie zu. Die Siedler blickten verstört und wichen angstvoll zurück. Nur Leonie Musk blieb seelenruhig stehen und schüttelte den Kopf. Im letzten Augenblick drehte die Wolke ab und raste an ihnen vorbei. Jetzt erst sah David, was es war: ein Auto! Ein rotes Auto! Er erkannte sogar das Modell: Es war ein Tesla, ein Oldtimer, eines der ersten Elektroautos, die Elon Musk vor Jahrzehnten gebaut hatte.

"Da ist mein Vater", sagte Leonie und sah der Wolke nach. "Er fährt nur noch bekifft Auto und kümmert sich um gar nichts mehr."

David verstand nicht: "Aber... Ich habe doch mit ihm gesprochen!"

Leonie Musk sah ihn an: "Nein, Sie haben Ihre Idee seinem Hologramm präsentiert, also mir. Mein Vater ist nur noch ein Aushängeschild. Wir brauchen leider seine Anziehungskraft, sonst würde sich kaum noch jemand als Siedler bewerben."

(jlu)