Bühne frei fürs Hologramm

Verstorbene oder ausgestiegene Popstars geben 2019 als Hologramme wieder Konzerte. Dozenten nutzen die Technik für Vorträge in der Ferne.

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Bühne frei fürs Hologramm

Hologramm von Marily Nika.

(Bild: Imperial College Business School)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Eva Wolfangel

Als Marily Nika, Absolventin des Imperial College London, im Februar 2018 zur "Google Woman of the Year" gekürt wurde, war David Lefevre zweierlei klar: "Wir wollten sie natürlich hier haben für einen Talk." Schließlich können alle viel lernen von so einem Vorbild, erklärt der Direktor des EdTech Lab des Imperial College. Leider hatte die Sache einen Haken: "Du wirst viel beschäftigte Leute kaum überzeugen können, für eine Stunde Talk zehn Stunden oneway zu fliegen."

Also lud er sie kurzerhand als Hologramm ein. Die junge Informatikerin musste dafür lediglich in Los Angeles in ein sogenanntes Capture-Studio gehen und ihren Talk dort halten. Ihr Publikum sah sie dabei auf großen Bildschirmen. Sie und ihre Position zum Publikum waren so exakt mittels Kamera und Tiefensensoren vermessen, dass sie mit den Zuhörenden interagieren konnte. Am Zielort wurde sie auf eine Glasscheibe projiziert, während eine Software die Illusion von Tiefe erzeugte. "Sie konnte auf ihre Fragen antworten und ihnen dabei direkt in die Augen sehen", schwärmt Lefevre. "Ihre Präsenz war unglaublich stark."

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Das EdTech Lab beschäftigt sich schon länger mit der Frage, mittels welcher Technologien Menschen einfacher zusammengebracht werden können, ohne aufwendige Reisen unternehmen zu müssen. Die Alternative seien Videokonferenzen, aber dabei sei die Präsenz viel schwächer. Auch virtuelle Realität und erweiterte Realität haben Lefevre und seine Kollegen ausprobiert. "Aber da hast du ein Headset auf dem Kopf, du bist von der Gruppe isoliert." So kam man auf Hologramme. Die Kosten pro Auftritt liegen derzeit bei rund 1000 Pfund, so Lefevre. Dennoch sei "die Illusion perfekt, selbst wenn man ganz nah herangeht". Daher werde die Holografie-Technologie des EdTech Lab bald Alltag sein.

2019 dürfte die Illusion zudem den Hörsaal verlassen und ein Massenpublikum erreichen. Die Band Abba hat eine Konzerttour via Hologramm angekündigt. Auch Amy Winehouse sollte dank dieser Technologie wieder lebendig werden. Doch die geplante Tournee mit einer Live-Band wurde erstmal auf Eis gelegt.

Um die Illusion auf die Bühne zu bringen, nutzen die Macher eine moderne Version des sogenannten Pepper's Ghost Effect, einem Bühnentrick aus dem 18. Jahrhundert. Damals versteckte sich ein Schauspieler in einer Aussparung unter der Bühne, während die Bühnenarbeiter mit Spiegeln das Abbild des Schauspielers auf einer dünnen Glasscheibe auf die Bühne projizierten.

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Heute wollen die Macher die Stars nicht nur übertragen, sondern neu erschaffen. Die Mitglieder der Popgruppe Abba etwa sollen jünger werden: Die heute Mitte Siebzigjährigen wurden mittels Tiefenkameras vermessen, und aus diesen Daten sowie Filmaufnahmen aus den 1970er-Jahren entstehen Avatare der Band, die angeblich so aussehen wie Abba 1979. Das täuschend echte Hologramm erscheint dann durch Projektion der Animation auf eine dünne Spezialfolie und die richtige Beleuchtung. Rund 150000 Pfund kostet Lefevre zufolge ein einziges Event mit dieser Technologie. Ob sich die Investition lohnt, wird sich 2019 zeigen.

(bsc)