Hoch limitiert

Kommt ein SUV-Tempolimit?

In der Bundesregierung gibt es Pläne, die Höchstgeschwindigkeit von SUVs stark einzuschränken. Noch ist das stark umstritten, doch eine Umsetzung ist näher, als viele meinen. Fest steht dagegen schon, dass SUV-Fahren ab 2020 erheblich teurer wird

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 137 Kommentare lesen
BMW X7 3 Bilder

(Bild: BMW)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • dqa
Inhaltsverzeichnis

Ein brisanter Vorschlag macht im Bundeskabinett die Runde, doch seine Existenz wird von offizieller Seite heftig bestritten. Es geht darum, den Individualverkehr, der für einen Großteil der CO2-Emissionen verantwortlich ist, politisch umsetzbar zu verändern statt einfach nur zu beschränken, wie es beispielsweise die DUH fordert. Zwei Varianten haben es laut gut informierter Kreise in die nähere Auswahl geschafft: CO2-Ausstoß direkt und sehr kräftig besteuern oder ein Tempolimit nur für SUVs. Letzteres ist die wahrscheinlichere Lösung, und einer Gesetzesvorlage näher, als viele meinen.

Nachdem Volkswagen-Chef Herbert Diess begonnen hat, den Konzern konsequent auf E-Mobilität umzukrempeln, kommen niedersächsischen Landespolitikern Zweifel: Was, wenn E-Autos gar nicht der Weisheit letzter Schluss sind? Oder wenn die künftigen E-Autos von VW ein Flop werden? Das wäre für Niedersachsen der Super-Gau, denn dann wäre in kürzester Zeit das halbe Land arbeitslos, so viele Arbeitsplätze hängen da dran.

Verkehrsreduzierung

Intensiv wird daher diskutiert, wie Deutschland drohenden Strafzahlungen in die EU-Kasse entgehen könnte, wenn der CO2-Ausstoß nicht wie geplant sinkt. Im Fokus stehen vor allem jene 18 Prozent Anteil am gesamten CO2-Ausstoß, die sich dem Verkehrsaufkommen zuordnen lassen – und seit Jahren eher leicht steigen statt zu sinken. Einfache und kostengünstige Lösungen sind bekannt: Ein allgemeines Tempolimit löst zwar nicht alle, aber doch einige Probleme. Es würde unserer Autoindustrie vor allem deutlich mehr Luft für die Umstellung auf Mobilitäts-Alternativen verschaffen. Politisch durchsetzbar scheint das in Deutschland auf absehbare Zeit jedoch nicht.

Dabei ist das Hauptproblem offenkundig: Den höchsten CO2-Ausstoß haben Fahrzeuge, die am meisten fossile Brennstoffe verbrauchen, egal ob Benzin, Diesel oder Gas. Bei den PKW sind das in erster Linie große, hochmotorisierte SUVs. Von 3,44 Millionen Neuzulassungen 2018 waren 933.000 SUVs und Geländewagen – das sind 27 Prozent. Das Segment Kompaktwagen, in dem das immer noch mit riesigem Abstand meistverkaufte Auto in Deutschland, der VW Golf, den Ton angibt, kommt nur auf 22 Prozent.

SUV im Fokus

SUVs sind daher naheliegende Ziele für CO2-Einsparungen. Sie einfach zu verbieten, wäre sehr effizient, denn schon aufgrund der hohen Masse ist auch ihr CO2-Fußabdruck bei der Herstellung überproportional groß. Bei einem Verbot wäre aber nicht nur das eine Drittel aller potenziellen Autokäufer ziemlich wütend, sondern auch die Hersteller würden sich ihrer am kräftigsten sprudelnden Gewinnquelle berauben. Außerdem hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer versprochen, nicht mit Verboten, sondern nur mit Anreizen zu agieren.

Vorschläge

Eine erste Option besagt: Wer sein SUV elektronisch abregeln lässt, spart Kfz-Steuer, wer brettern will, muss kräftig zahlen. Eine zweite statt Option hat größere Chancen, im Bundestag eine Mehrheit zu finden. Sie geht in der Basisversion davon aus, dass alle SUVs auf 130 km/h elektronisch eingebremst werden. Vor allem das Lager der Umweltaktivisten lehnt Option 1 strikt ab: „Wer sich einen Cayenne Turbo oder Bentayga leisten kann, dem täte nicht mal die 10-fache Kfz-Steuer weh! Das bringt zwar Geld in die Kasse, senkt aber nicht die CO2-Emissionen“, sagt ein Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion der dqa.

Erstaunlicherweise soll sich der Volkszorn bei einem Tempolimit für alle SUV nach einer Umfrage der DUH stärker in Grenzen halten, als von vielen vermutet: Abgesehen von Besitzern sportlicher SUVs mit deutlich mehr als 300 PS neigen die meisten SUV-Fahrer eher zu gemächlicher Fahrweise. Schnell fahren bei hohem Schwerpunkt, eher schaukeliger Straßenlage und bei der erhöhten Seitenwindempfindlichkeit ist vielen Fahrern einfach zu anstrengend.

Kein Protest von der Industrie

Interessant ist auch, dass selbst die Fahrzeughersteller bei einem SUV-Tempolimit nicht schäumen, allerdings ist der Tenor durchaus unterschiedlich: „Die Leute wollen etwas gegen den Klimawandel unternehmen? Dann müssen sie auch mal selber Opfer bringen statt Politik und Hersteller vollzujammern, dass die was zurechtzaubern. Wir haben uns diese unrealistischen Grenzwerte nicht ausgedacht“, sagt ein hochrangiger Mitarbeiter eines süddeutschen Fahrzeugherstellers, der ungenannt bleiben möchte.