CDR: Sechs deutsche Firmen wollen die digitale Selbstbestimmung verbessern

Auf Initiative von Justizministerin Katarina Barley haben sich sechs Unternehmen verpflichtet, beim Datenschutz über gesetzliche Regeln hinauszugehen.

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Corporate Digital Responsibility: Sechs deutsche Firmen wollen die digitale Selbstbestimmung verbessern

Thomas Kremer von der Telekom, Valentina Daiber von Telefónica Deutschland, Katarina Barley und Jochen Wegner von Zeit Online (v.l.n.r.)

(Bild: heise online / Stefan Krempl)

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Die Deutsche Telekom, Miele, die Otto Group, SAP, Telefónica Deutschland und Die Zeit haben gemeinsam mit dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz erste Eckpunkte "für ein verantwortliches Handeln von Unternehmen in der digitalen Welt" abgesteckt. Sie wollen "Corporate Digital Responsibility" (CDR) nach Vorbild einer unternehmerischen Gesellschaftsverantwortung in Form der "Corporate Social Responsibility" (CSR) übernehmen. Dabei geht es vor allem darum, die Digitalisierung "verantwortungsvoll" zu gestalten.

In Fragen wie dem Datenschutz oder der Produktsicherheit sei nicht nur der Gesetzgeber gefordert, unterstrich Justizministerin Katarina Barley am Dienstag zur Präsentation erster Ergebnisse des seit etwa einem Jahr laufenden runden Tisches. Auch Unternehmen selbst müssten hier Verantwortung übernehmen und ihre Produkte sicher und Software auf dem neuesten Stand halten.

Bei den Leitlinien gehe es um "freiwillige Aktivitäten, die über das gesetzlich Vorgeschriebene hinausgehen", erläuterte Barley. Gefragt seien etwa "vertrauensbildende Maßnahmen" beim Datenschutz und ein "verbraucherfreundlicher Umgang" mit Informationen über die Nutzer, die den Firmen dann auch "einen Vorteil" verschafften. Dies sei gerade wichtig, um ein Zeichen "gegenüber China oder den USA" zu setzen und Europa als Standort zu stärken.

Haushaltsgeräte wie vernetzte Kühlschränke könnten so eingestellt sein, dass sie das Maximum an Daten sammelten auch für Zusatzfunktionen, brachte Barley ein Beispiel. Es solle aber in den Vordergrund gestellt werden, "was man für den Kühlschrank direkt braucht". Es sollte klar sein: "Die Daten gehören erst einmal dem User."

Es werde "keinen feststehenden abgeschlossenen Code" aller Beteiligten geben, führte Barley aus. Es gehe um "Work in Progress", wobei die Politik Selbstregulierung unterstützen wolle. Aktuell gebe es mit Ing-Diba und Gruner + Jahr zwei weitere Unternehmen, die mit an Bord kommen und mit der Digitalisierung aufkommende Probleme miteinander lösen wollten.

Datenschutz, Sicherheit, die Medienkompetenz aller Verbraucher und ethische Leitplanken für innovative Technik seien die Punkte, die die Telekom mit CDR nach vorne rücken wolle, erläuterte Thomas Kremer aus dem Vorstand des Konzerns. Die Bonner wollten bei der Digitalisierung "nicht alles machen, was möglich ist". Er finde es gut, wenn "Regierungsvertreter und Unternehmen an konkreten Szenarien wie der vernetzten Tür entwickeln, was digitale Verantwortung heißt".

"Es gibt nicht die Erleuchtung, aber ganz viele Versuche, es richtig zu machen", zog Jochen Wegner, Chefredakteur von Zeit Online ein erstes Resümee. "Wir verarbeiten User-Daten, wissen aber nicht, wie wir damit umgehen sollen", räumte er ein. "Fast alle Fragen, mit denen wir uns beschäftigten, sind ungelöst." Interne Debatten etwa über Datenschutz bei digitalen Anzeigen drängen aus den Redaktionen kaum nach draußen. Die Zeit sei im Netz durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) "einige zehn Prozent runtergekracht mit den Erlösen". Da sei es hilfreich, über solche Entwicklungen mit anderen Betroffenen zu sprechen und "übergreifende Regeln" zu entwickeln.

SAP-Manager Daniel Schmid betonte: "Unsere Programmierer lechzen nach einem Kompass", wenn es etwa um die Gesichtserkennung geht. "Die digitale Transformation kann nur gelingen, wenn man alle Menschen mitnimmt und alle gemeinsam anpacken", ergänzte Valentina Daiber, Vorstandsmitglied von Telefónica Deutschland.

Die Debatte über die Zukunft der Gesellschaft dürfe "nicht nur technologisch, betriebswirtschaftlich und wirtschaftspolitisch", sondern müsse "insbesondere auch unter ethischen Gesichtspunkten und mit Blick auf rechtliche Rahmenbedingungen" geführt werden, heißt es in einem Grundsatzpapier der Plattform. Ziel sei es, "Chancen der Digitalisierung zu nutzen und Werte wie Gerechtigkeit, Teilhabe, Vertrauen, Autonomie, Transparenz und Nachhaltigkeit zu befördern". (anw)