USA werden vermutlich Biowaffenkonvention ablehnen

Wenn die US-Regierung der Empfehlung einer interministeriellen Expertengruppe folgt, ist das Biowaffenabkommen gefährdet.

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Von
  • Florian Rötzer

Das Abkommen zur Kontrolle von Biowaffen steht auf der Kippe. Wie die New York Times berichtet, ist ein Komitee aus Mitarbeitern der Außen-, Verteidigungs-, Energie- und Wirtschaftsministerien sowie der Geheimdienste nach einer Überprüfung des Zusatzprotokolls für das "Abkommen zum Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung biologischer Waffen" zu der Empfehlung gelangt, dass die US-Regierung das über 200 Seiten starke, in sechsjährigen Verhandlungen ausgearbeitete Protokoll nicht unterschreiben soll. Die Verifizierungsverfahren würden Betrug nicht verhindern können, so der Haupteinwand. Die Zeit bis August würde zudem nicht ausreichen, den Text neu zu verhandeln, der eigentlich bis November zur sechsten Verifikationskonferenz hätte stehen sollen.

Der Bericht lag offenbar bereits im April vor, doch die US-Regierung, die dazu noch nicht offiziell Stellung genommen hat, wollte den Rückzug aus diesen Verhandlungen über Rüstungsbegrenzung offenbar nicht zeitlich zu eng mit der weltweiten Kritik am geplanten Raketenabwehrschild und dem dadurch gefährdeten ABM-Vertrag über die Begrenzung von Raketenabwehrsystemen bringen. Mit der Ablehnung des Zusatzprotokolls, das die Einhaltung des Biowaffenabkommens durch die Angabe der Labors, Inspektionen nach vorheriger Ankündigung oder Überprüfungen bei Verdacht sichern soll, stellen sich die USA gewissermaßen neben China, Libyen, Kuba, Pakistan und dem Iran, die sich auch nicht gern in die Labors schauen lassen. Auf Druck der Industrie hatten die USA bereits darauf gedrungen, die Art und Zahl der Inspektionen einzuschränken, weil man einen Diebstahl von Handelsgeheimnissen befürchtet.

Schwierig ist die Überprüfung, da die Entwicklung und Herstellung von Biowaffen sich ohne detaillierte Kenntnisse nicht von der zivilen Forschung unterscheiden lassen. Eine Überprüfung sieht sich so ganz anderen Schwierigkeiten als bei Nuklearwaffen und chemischen Waffen gegenüber. Die Entwicklung von Impfstoffen könnte beispielsweise auch ein Schritt in einem Biowaffenprogramm sein. Die Anlagen, die für zivile und militärische Zwecke identisch sind, können zudem schnell, wie man dies im Irak gesehen hat, abgebaut oder umfunktioniert werden. Tests des Stimson Center mit Expertenteams haben ergeben, dass diese Hinweise auf die Entwicklung von Biowaffen wie Anthrax-Kulturen, die in Labors eingebracht wurden, bei einer Inspektion nicht entdeckt hatten.

Gerade die rasante Entwicklung in der Bio- und Gentechnologie könnte dazu führen, dass gefährliche Erreger immun oder virulenter gemacht werden. Denkbar wäre, häufig vorkommende und harmlose Bakterien durch Einfügung von Genen in Waffen umzuwandeln. Die Vektoren, die in der Forschung bei der Gentherapie zum Einschleusen von Genen verwendet werden, könnten natürlich auch anderen Zwecken dienen.

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