Software überwacht Rezeptverschreibungen

Eine Gruppe von sechs Studenten an der britischen Warwick-Universität hat eine Software entwickelt, die dem verschreibenden Arzt jeweils das günstigste Medikament vorschlägt.

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  • Andreas Grote

Eine Gruppe von sechs Studenten an der britischen Warwick-Universität hat eine Software entwickelt, die dem verschreibenden Arzt jeweils das günstigste Medikament vorschlägt. Sie wird von Mittwoch bis Freitag im Rahmen einer BBC-Ausstellung vorgeführt. Würde jeder Arzt das Programm einsetzen, dann könnten dadurch die britischen Gesundheitskassen jährlich 10 Prozent (1,5 Milliarden Mark) an Medikamentenausgaben einsparen.

"Script Switch" läuft auf dem Computersystem des Arztes und wird automatisch jedesmal dann aktiv, wenn der Arzt ein Rezept verschreiben will. "Normalerweise braucht ein Arzt dazu ein Buch, das so dick ist, wie ein Telefonverzeichnis, um das günstigste Medikament herauszusuchen", erklärt Andrew Bodsworth, der in Warwick Computerwissenschaften studiert. "Unsere Software macht dem Arzt dagegen überhaupt keine zusätzliche Arbeit." Das Programm sucht nicht nur nach günstigen Generika, sondern informiert auch über weniger teure Verschreibungsformen des Medikaments, wie zum Beispiel kleinere Packungsgrößen oder die Verordnung von Kapseln anstatt Tabletten. Gefällt dem Arzt der Vorschlag von Script Switch nicht, kann er ihn ignorieren und seinen eigenen Wunsch in das Rezept eintragen.

Die Studenten wollen das Programm jetzt über ihre neu gegründete Firma AKM Software vertreiben, nachdem sich bei Präsentationen mehrere Ärzte sehr interessiert gezeigt hatten. Die British Medical Association dagegen reagierte eher skeptisch, da die ökonomischen Anreize für die Ärzteschaft gering seien.

Noch einen Schritt weiter gehen Wissenschaftler an der Universität von Birmingham. Sie haben eine Software entwickelt, die Rezepte auf ihre Richtigkeit hin überprüft. Sie testeten das Programm in einem Teil des an die Universität angeschlossenen Krankenhauses an 64 Patienten, die dort wegen Nierenkrebs oder überstandener Nierentransplantation behandelt wurden. Ärzte und Schwestern konnten bei der täglichen Visite mittels eines tragbaren Terminals auf die Patientendaten im PC zugreifen. Sobald der Arzt dem Patienten ein Medikament verschreiben will und es mit Dosierung und Einnahmedauer in das Terminal eingibt, überprüft die Software die Verschreibung mit den Patientendaten und ob sie sich mit den anderen Medikamenten verträgt, die er bereits verabreicht bekommt. Trifft das Programm auf einen Widerspruch in der Medikation, gibt es eine Warnung aus.

In der 11-monatigen Testphase verzeichnete das Programm 700 Warnungen aufgrund von fehlerhafter Medikation, darunter 58 Vorfälle, bei denen es zu ernsthaften Komplikationen hätte kommen können. "Irgendwann werden falsch ausgestellte Rezepte wohl entdeckt", meint der beteiligte Wissenschaftler Peter Nightingale, "aber dann hat der Patient möglicherweise das falsche Medikament schon eingenommen, und das kann schlimme Folgen für ihn haben". Studien haben gezeigt, dass fünf Prozent handschriftlich von Ärzten ausgestellter Verschreibungen fehlerhaft sind oder falsch gelesen werden. In den USA sterben daran jährlich 7.000 Patienten.

Auch in den Niederlanden werden derzeit solche elektronischen Verordnungssysteme für Ärzte der Allgemeinmedizin entwickelt. Sie sollen die Ärzte bei der Verordnung von Arzneimitteln anleiten und so Kosten senken, die Qualität der Therapie verbessern und falsche Verschreibungen verringern, was letztendlich auf Dauer das Vertrauen des Patienten steigern soll. (Andreas Grote) / (wst)