E-Learning: Wachstumsmarkt mit Hindernissen
Die Konjunkturflaute macht auch vor den Anbietern von Online-Kursen nicht halt, denen Analysten prinzipiell eine rosige Zukunft verheiĂźen.
Die Forscher mit der Glaskugel prophezeien den Anbietern von Schulungs- und Weiterbildungskursen für Unternehmensmitarbeiter übers Internet immer wieder glänzende Aussichten. Gerade hat Berlecon Research eine Studie vorgelegt, derzufolge der Markt für E-Learning allein in Deutschland bis 2005 ein Volumen von bis zu zwei Milliarden Euro erreichen soll. Die Wachstumraten sehen die Berliner Wirtschaftsforscher bei rund 50 Prozent. In Westeuropa könnte der Markt fürs Online-Büffeln in Firmen laut IDC von derzeit 320 Millionen US-Dollar auf 3,9 Milliarden US.Dollar im Jahr 2004 nach oben schnellen.
Als Motor für das Wachstum werden von allen Beobachtern mittelfristige Einsparungspotenziale durch das zeit- und ortsunabhängige Lernen am Bildschirm ausgemacht. Reise- und Spesenkosten für Mitarbeiterseminare sollen wegfallen und die sich so ergebenden Einsparungen die hohen Anlaufkosten für virtuelle Schulungsprogramme vergessen machen.
Doch der E-Learning-Markt ist bisher ein Sektor voller Hindernisse. "Viele Unternehmen haben die Chancen, die E-Learning bietet, noch nicht ausreichend erkannt und verhalten sich derzeit noch zurückhaltend", wissen die Berlecon-Forscher. Darüber hinaus erschwert der unübersichtliche Markt die Auswahl des passenden Herstellers oder Dienstleisters. "Lernkulturelle Hindernisse" haben auch Wissenschaftler ausgemacht, die im Auftrag der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen im Frühjahr eine Studie zum "Web Based Training" erstellten. Die untersuchten kleineren und mittleren Unternehmen seien bei der Auswahl von Produkten überfordert und von der Qualität der Angebote enttäuscht. Erst sieben Prozent der befragten Unternehmen setzen auf E-Learning, 49 Prozent wollen darauf auch in absehbarer Zeit verzichten.
Der Wachstumsmarkt E-Learning wächst so bisher nicht schnell genug, um von der Krise des Technologie-Sektors verschont zu bleiben. Erstaunt horchte die Branche vor wenigen Wochen auf, als die Münchner Firma Trilog Insolvenz anmeldete. Der E-Learning-Spezialist gehörte zu den Fullservice-Anbietern, denen Berlecon die besten Aussichten verspricht, und galt als "gut im Geschäft". Anfang des Jahres musste zudem bereits die Berliner Virtual Heaven eLearning GmbH trotz Großaufträgen wie etwa von Karstadt die Segel streichen.
Gegen die Konjunkturschwäche kämpft auch die Schweizer Viviance new education. Der E-Learning-Pionier machte kürzlich sein mit 19 Mitarbeitern besetztes Büro in den USA dicht und konzentriert sich nun auf das Europa-Geschäft. Im Visier hat Viviance zudem nur noch Konzerne, die große Projekte anstoßen wollen. Ohne eine in Aussicht gestellte Mindestgröße für Aufträge werden die Berater der Schweizer Firma gar nicht mehr aktiv. (Stefan Krempl) / (jk)