Fokus Raumfahrt: Auf der falschen Bahn

Zum Mars, zu den Sternen: Die Pläne in der bemannten Raumfahrt klingen fantastisch. Viele drohen zu scheitern – weil die Raumfahrtbehörden ihre Milliarden für die verkehrten Projekte ausgeben.

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(Bild: Shutterstock)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Alexander Stirn

Vor 50 Jahren, im Juli 1969, war die Welt im All noch in Ordnung. Die Amerikaner waren gerade – nach erbittertem Wettlauf mit den Sowjets – auf dem Mond gelandet. Neil Armstrong hatte das Sternenbanner in den Boden gerammt und stolz davor salutiert. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa war auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. Alles schien möglich, alles schien erreichbar. Der Mond, der Mars, die Sterne.

Heute, fünf Jahrzehnte später, ist Ernüchterung eingekehrt. Die Menschheit hängt im niedrigen Erdorbit fest, selbst der Mond scheint kaum erreichbar – allen Ankündigungen zum Trotz. Der Nasa fehlt schlichtweg das Geld, um ähnliche Mammutprojekte wie 1969 zu stemmen. Die russische Raumfahrt liegt am Boden. China schwingt sich zwar zur zweiten großen Macht im All auf, wird bei internationalen Projekten aber ignoriert. Und private Unternehmen, die mit ihren kommerziell entwickelten Raketen den Markt aufmischen könnten, ernten von staatlichen Raumfahrern noch immer skeptische Blicke.

Trotzdem steht selbst 50 Jahre nach der Mondlandung noch immer die bemannte Raumfahrt im Fokus – sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei den Raumfahrtagenturen. Allein die Nasa gibt etwa die Hälfte ihres Budgets für heutige und künftige Flüge ihrer Astronauten aus. Die Erforschung ferner Welten, die eines Tages zum Ziel der Eroberung des Weltalls werden könnten, und die Entwicklung der dafür nötigen Technologien drohen auf der Strecke zu bleiben. Steht sich die Raumfahrt mit ihrer Vielzahl an bemannten Projekten, mit der Abhängigkeit vom Willen und Geld der Politik, mit dem Fehlen einer wirklichen Vision womöglich selbst im Weg?

Als die Nasa vor gut 60 Jahren, im Juli 1958, ins Leben gerufen wurde, war die Lage übersichtlicher: Neun Monate zuvor hatte die Sowjetunion mit Sputnik den ersten Satelliten ins All gebracht, während Amerikas Startversuche kläglich gescheitert waren. Die USA mussten aufholen, insbesondere nachdem die Sowjets im April 1961 mit dem Jagdflieger Juri Gagarin auch den ersten Menschen ins All katapultiert hatten. Immerhin: Der politische Wille war vorhanden, schließlich befanden sich die beiden Großmächte auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Auch Geld spielte keine Rolle: Gut 40 Milliarden Dollar (umgerechnet auf die heutige Kaufkraft) ließen sich die Vereinigten Staaten die Mondspaziergänge ihrer zwölf Astronauten zwischen 1969 und 1972 kosten.

Auch für die Zeit danach gab es bereits konkrete Ideen wie den Flug zum Mars – geplantes Ankunftsdatum: August 1982. Doch nachdem die Sowjets mit Apollo überholt und das Weltraumrennen entschieden war, schwanden politische und finanzielle Unterstützung – und kein Mensch hat sich seitdem weiter als ein paar Hundert Kilometer von der Erdoberfläche entfernt.

Die Gründe sind wachsender Nationalismus, ein stark politisiertes Forschungsmanagement – und eine falsche Deutung aktueller Entwicklungen. Ein Beispiel dafür ist die Ankündigung von US-Vizepräsident Mike Pence Ende März 2019, dass bereits in fünf Jahren wieder Amerikaner auf dem Mond landen werden. Als Argument spielt er die alte Wettlaufkarte der Apollo-Zeit aus: „Wie in den 1960er-Jahren befinden wir uns auch heute wieder in einem Wettrennen, nur steht diesmal mehr auf dem Spiel“, so Pence: China versuche, die „Vormacht auf dem Mond“ zu erringen und sich zur führenden Weltraumnation aufzuschwingen.

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(ksc)