Fokus Raumfahrt: Abschied für immer

Um zu den Sternen zu reisen, braucht es Raumschiffe, die Platz für Generationen von Passagieren bieten. Gleich mehrere Initiativen entwickeln erste Konzepte.

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Fokus Raumfahrt: Abschied für immer

(Bild: Shutterstock)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Alexander Stirn

Wenn’s mal wieder länger dauert, ist es wichtig, dass das Umfeld stimmt: nette Kolleginnen und Kollegen, zuverlässige Technik, eine gemütliche Arbeitsumgebung. Und es wird länger dauern – zumindest bei Raumfahrtprojekten wie dem „100 Year Starship“. Jahrzehntelang, jahrhundertelang, vielleicht sogar jahrtausendelang. Denn das Starship, ein ambitioniertes Vorhaben, das aus einem Forschungsprogramm des Pentagons hervorgegangen ist, wird nicht zur Internationalen Raumstation fliegen oder einem anderen Ziel gleich um die Ecke. Es soll aufbrechen zu den Sternen und zu weit entfernten Planeten, die in den Tiefen des Alls ihre Bahnen ziehen.

Generationenraumschiffe nennen Forscher die ehrgeizigen Vorhaben. Ihre Missionen übersteigen die Lebensspanne eines Menschen und zwingen Passagiere, an Bord zu leben, Nachwuchs zu zeugen, zu sterben. Lange Zeit waren solche Ideen Science-Fiction, und Namen wie 100 Year Starship, Tau Zero Foundation und Icarus Interstellar klingen auch danach. Doch die Forscherteams, die hinter diesen Projekten stehen, meinen es ernst. Es geht ihnen um grundlegende Fragen: Welche Technologie könnte die Menschheit zu den Sternen bringen? Wie wird die Crew an Bord überleben? Und wie kommt sie all die Jahre miteinander aus?

„Wir wollen die nötigen Fähigkeiten entwickeln, damit Menschen innerhalb der nächsten hundert Jahre zu einem Ziel jenseits unseres Sonnensystems aufbrechen können“, sagt Mae Jemison, Chemikerin, Medizinerin, erste afroamerikanische Frau im All und der Kopf hinter dem 100 Year Starship. Im Jahr 2012 entschied sich die Darpa, die Forschungsagentur des amerikanischen Verteidigungsministeriums, eigene Überlegungen zu einem Generationenraumschiff an private Organisationen auszugliedern. Eine halbe Million Dollar wurde als Anschubfinanzierung ausgelobt. Jemisons Konzept setzte sich durch.

Die Ex-Astronautin plant allerdings nicht – und das eint alle Initiativen –, demnächst ein interstellares Raumschiff zu bauen oder gar Tickets für solch einen Flug zu verkaufen. Sie will vielmehr die Menschen durch offene, interdisziplinäre Forschungsaktivitäten auf Sternenkurs bringen – damit sie eines Tages wissen, was alles benötigt wird, um im Weltall zu leben, zu arbeiten, Spaß zu haben, Kinder zu zeugen, krank zu werden, gesund zu werden, alt zu werden, zu sterben und dennoch als überlebensfähige Gemeinschaft am Ziel anzukommen.

Größte Herausforderung bei solch einer Mission sind ohne Zweifel die Distanzen: Zwar wird bereits Proxima Centauri, der sonnennächste Nachbarstern, von einem vermutlich erdähnlichen Planeten umkreist. Doch selbst dieses lohnende Ziel ist gut 40 Billionen Kilometer von der Erde entfernt. Das entspricht 4,24 Lichtjahren – also so vielen Jahren, wie Licht für diese Strecke braucht. Schneller geht es nach heutiger Kenntnis physikalischer Gesetze beim besten Willen nicht.

(ksc)