Ohne KI geht bei 6G nichts

Der geplante Nachfolgestandard von 5G wird verstärkt auf maschinelles Lernen setzen, glauben Ingenieure.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Ohne KI geht bei 6G nichts

(Bild: MS. TECH)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • TR Online
Inhaltsverzeichnis

Mobilfunk hat die Art der Menschheit verändert, wie sie untereinander und mit der Welt kommuniziert. Während aktuell der Start der ersten 5G-Netze vorbereitet wird, untersuchen Forscher die notwendigen Faktoren hinter dem Mobilfunkstandard der sechsten Generation. Wie wird sich 6G von 5G unterscheiden? Wird die Technik einfach nur schneller oder auch smarter sein?

Die Forscher Razvan-Andrei Stoica und Giuseppe Abreu an der Jacobs-Universität in Bremen haben nun erste Ideen angestellt. Zunächst suchten sie nach den Schwachstellen der 5G-Technik und den Faktoren, die 6G treiben könnten. Ihre Annahme: Die Technik wird eine neue Generation von Maschinenintelligenz ermöglichen.

Schon 5G ist ein bedeutender Fortschritt gegenüber 4G. Die ersten Netze sollen Downloadgeschwindigkeiten von 600 Megabit pro Sekunde ermöglichen – mit dem Potenzial eines noch deutlich höheren Durchsatzes. Im Vergleich dazu arbeitet 4G mit Geschwindigkeiten um 100 Megabit – manchmal etwas schneller und nicht selten etwas langsamer. 5G soll nun das Potenzial haben, sogar Glasfaserverbindungen zu ersetzen.

Verbesserungen gibt es auch bei den Verbindungsmöglichkeiten. 5G-Basisstationen können potenziell Hunderttausende Nutzer versorgen, während bei 4G bei mehreren Tausend Schluss ist. Das könnte die Kommunikation insbesondere dort verbessern, wo es jetzt Probleme gibt – Sportereignisse, Messen, Demonstrationen und so weiter. Zudem dient es dem Internet der Dinge mit seinem Vernetzungsbedarf.

Verbesserungen gibt es auch bei der Latenz, also der Zeit, die das Signal benötigt, um durchs Netz zu reisen. 5G ist hier auf eine Latenz von einer einzelnen Millisekunde ausgelegt, bei 4G sind es 50. Besonders Spieler wissen, wie wichtig das ist, zeigen sich ihre Figuren doch zu träge. Selbst die Steuerung von Drohnen oder die Telechirurgie soll so möglich sein.

Vorteile sind auch ein geringerer Stromverbrauch und die damit verbundene Akkuschonung, die bestenfalls eine Verdoppelung bis Verzehnfachung der Laufzeit verspricht.

Was könnte 6G da noch besser machen? Schnellere Downloadraten sind selbstverständlich, sie könnten erstmals den Terabit-Bereich erklimmen. Laut Stoica und Abreu spielt dann die Künstliche Intelligenz eine entscheidende Rolle. Intelligente Agenten, die harte Problemstellungen knacken, sollen drahtlos durchs Netz sausen.

Da wäre etwa die Koordinierung autonomer Autos in einer Großstadt. Das ist eine große Voraussetzung, wenn etwa wie in New York City fast 3 Millionen Fahrzeuge pro Tag auf der Straße sind.

Solche Autos müssen ihren aktuellen Ort, ihre Umgebung und andere Verkehrsteilnehmer im Blick behalten – auch weitere selbstfahrende Mobile. Dabei wird es darum gehen, untereinander abzustimmen, wer an der nächsten Kreuzung die Vorfahrt hat, um Wartezeiten zu minimieren. Das ist eine große Computeraufgabe. Daher könnte 6G dabei helfen, "on the fly"-Netzwerke aufzusetzen, die entstehen, um solche Konflikte automatisiert zu verhandeln. "Interaktionen werden daher in großen Mengen notwendig sein, damit verteilte Probleme gelöst werden können. Dabei treffen massive Konnektivität, große Datenmengen und geringe Latenzen aufeinander, die über dem liegen, was 5G leisten kann."

Natürlich ist das nur ein Beispiel für eine neue Zusammenarbeit auf 6G-Basis. Auch maschinelles Lernen könnte sich beschleunigen, wenn überall hohe drahtlose Bandbreiten zur Verfügung stehen. Stoica und Abreu glauben an eine große Menge verteilter Problemstellungen, die einen neuen Ansatz brauchen.

Dazu gehört die Erzeugung und Verarbeitung großer Datenmengen in einem kollaborativen Prozess, etwa die Netzwerkoptimierung oder die Überwachung von Finanzmärkten, das Gesundheitswesen und das sogenannte "Nowcasting", bei dem Systeme vorhersehen können, was als nächstes passiert – oder sich an Veränderungen automatisch anpassen.

KI-Agenden spielen dabei eine zentrale Rolle. "Um die ganze Leistung solcher Agenten auszunutzen, braucht es kollaborative künstliche Intelligenz", sagen die Forscher. Und die Natur der mobilen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts sei eben, dass eine solche Zusammenarbeit über drahtlose Kommunikationssysteme erfolgt.

()