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Die Dose ist die denkbar unpraktischste Verpackung. Einmal geöffnet, nicht wieder verschließbar. Und dennoch verdrängt sie im Supermarktregal immer mehr Konkurrenz – gerade die Mehrwegflaschen.

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Klack, ziiisch! Das ist in etwa der Sound der Getränkedose. Und der wird wieder lauter – im übertragenen Sinn. Denn nach der Novellierung der Verpackungsverordnung im Jahr 2003 dachte ich, dass sich die Dose ausgezischt hätte. Sie verschwand gefühlt über Nacht aus den Supermarktregalen und ich muss sagen: ich habe sie nicht vermisst. Ganz abgesehen von ihrem Aluminium- und Weißblechverbrauch konnte ich die vermeintlichen Vorteile der Getränkdose nie so recht nachvollziehen. Als kompakt, gut passend für den Kühlschrank, transportabel und oftmals in schickem Design wird sie beschrieben.

Dabei ist sie doch eigentlich ganz unpraktisch. Vor allem wenn ich sie unterwegs öffne. Dann bin ich gezwungen, sie sofort auszutrinken. Geöffnet wieder in den Rucksack packen – Fehlanzeige. Wieder auffüllen und mitnehmen kann ich sie auch nicht. Und die Argumente der Transportabilität und des Designs ließen sich genauso gut auf Flaschen anwenden. Umso verwunderlicher finde ich nun das "Comeback der Dose", das sich aus Absatzzahlen wie in unserer heutigen "Statistik der Woche" ablesen lässt.

Was hat die Getränkdose, was die Mehrwegflasche nicht hat? Sind die 25 "gewonnenen" Cent Pfandgeld – entgegen der üblicherweise 15 Cent für Mehrwegflaschen – einfach so verlockend für den Verbraucher? Auf Seiten der Hersteller freut man sich jedenfalls über eine hohe Recyclingquote. "Der Anteil von zurückgegebenen Getränkedosen stieg von 96Prozent auf 98 Prozent. Von 100 Dosen gelangen also 98 wieder in denRecyclingkreislauf", verkündete der Verband Forum Getränkedose (Metal Packaging Europe) bereits im Jahr 2015. Das klingt erst einmal nicht schlecht. Doch Umwelt-Verbände wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) weisen auf Mängel bei diesen Recyclingversprechen hin: "Stahl und Aluminium aus Getränkedosen können nicht unendlich oft ohne Materialverluste recycelt und im Kreislauf geführt werden." Wenn bei jedem Recycling-Durchlauf erneut Aluminium und Weißblech hinzugefügt werden müssen, führt das die Idee der Wiederverwertung der Materialien ad absurdum. Dazu kommt, dass gemessen an der Größe der Dose der Energieaufwand bei der Herstellung deutlich höher ist.

Wiederbefüllbare Mehrwegflaschen kommen in der Bilanz deutlich besser weg. Braucht die Mehrwegflasche also eine Stil- und Design-Offensive, um der Dose in dieser Hinsicht Konkurrenz zu machen? Oder könnte ein noch höheres Pfandgeld auf die Dose ein Umdenken bei den Verbrauchern bewirken, wie es die DUH fordert? "Die Einnahmen aus einer solchen Abgabe sollten zur Durchführung von Abfallvermeidungskampagnen, der Verbrauchersensibilisierung und Weiterentwicklung des Mehrwegsystems eingesetzt werden." Das wäre zumindest ein guter Ansatz. In diesem Sinne: Zum Wohl!

(jle)