Post aus Japan: Lang lebe das Smartphone!

Der verschobene Start von Samsungs Falthandy macht eines deutlich: Das klassische Smartphone wird sich mal wieder erfolgreich gegen einen vermeintlichen Trendsetter wehren.

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Galaxy Fold

Samsungs Galaxy Fold.

(Bild: dpa, Simon Nagel)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Kölling
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Achja, Falthandys. Auch ich habe mich in der Vergangenheit mal schuldig gemacht, in ihnen das nächste große Ding zu sehen. Ein mögliches Produkt, das das klassische Smartphone verdrängt. Doch nun, da die Smartphone-Hersteller wie Samsung und Huawei die Idee verwirklichen, stellt sich Ernüchterung ein. Die Marktforscher von Gartner sagen voraus, dass Falthandys in den kommenden fünf Jahren nur einen Marktanteil von fünf Prozent erobern werden. Eine Revolution sieht anders aus.

Nun sind Prognosen nicht gleich Realität. Aber Samsungs Debakel bei seinem faltbaren Erstling Galaxy Fold stärkt die Zweifler. Und das liegt nicht nur daran, dass Samsung wegen Displaydefekten bei amerikanischen Testern den Verkaufsstart des gehypten Geräts verschoben hat. Es liegt am Konzept selbst. Oder besser gesagt: Am Kosten-Nutzen-Vergleich mit heutigen Smartphones.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Bei den Kunden macht sich zwar eine gewisse Smartphone-Müdigkeit breit. Der globale Absatz der mobilen Multifunktionsgeräte ist 2018 gesunken und wird laut Gartner auch 2019 weiter fallen. Aber der Grund dafür ist der extrem hohe Stand der Technik, die kaum noch Wünsche offen lässt. Kunden ersetzen ihre Geräte daher immer später. Ich beispielsweise nutze noch immer das iPhone 6, weil es selbst für mich als Vielnutzer noch gut genug funktioniert (und im Gegensatz zu den neuen Geräten einen Kopfhöreranschluss hat).

Zudem scheint der heutige Formfaktor ein langlebiger Klassiker zu sein, der sich selbst von neuen Produkten schwer zu überbieten lässt. Dabei gab es durchaus Versuche, iPhone & Co. zu entthronen. Japanische Firmen versuchten es erfolglos mit modularen Handys. Auch die Brillen mit Minidisplays wie Google Glass floppten spektakulär.

Ich denke, dass die einfache Handhabung eines einfachen Bildschirms ein wichtiger Grund dafür ist. Auf die Netzhaut projizierte Bilder sind nicht nur irritierend. Auch die Navigation durchs Internet ist noch schwierig. Smartphones hingegen können sogar Kleinkinder bedienen. Falthandys dürften daher der nächste Verlierer sein, da sie bisher verglichen mit normalen Smartphones zu wenig zusätzlichen Nutzen und zu viele Nachteile bieten.

Sicher haben Samsungs Galaxy Fold und Huaweis Mate X ausgeklappt deutlich größere Bildschirme. Damit können mehrere Apps gleichzeitig dargestellt und genutzt werden. Aber erstens stellt der Zugewinn bei vielen Anwendungen wie Videos oder Videospielen keinen Quantensprung dar. Zweitens sind die Geräte größer und schwerer.

Drittens kosten die Geräte wenigstens bisher sehr viel mehr Geld und Nerven als vergleichbare Smartphones. Samsung will seine Kunden für das Klapperlebnis um 2.000 Dollar erleichtern, Huawei sogar um 2.300 Dollar. Da sag' mir keiner mehr, Chinesen seien Billiganbieter.

Schlimmer noch ist die Angst um die Bildschirme. Die Chinesen beispielsweise haben das Faltdisplay wie einen Buchumschlag außen am Handy angebracht. Dadurch kann das Gerät nicht nur etwas dünner gebaut werden als Samsungs Interpretation des Klapphandys. Viele Kommentatoren finden die Handhabung auch besser als Samsungs Idee, das Handy wie ein Notizbuch aufzuklappen. Aber Huaweis Ansatz weckt nicht nur Sorgen über die Kratzfestigkeit der Bildschirme. Ich frage mich zudem, wie viele Bildschirme splittern werden, wenn die Geräte mal aus der Hand rutschen.

Samsung ist kaum besser: Bei den Koreanern ist der Bildschirm zwar im inneren besser gegen Stürze und Abrieb in den Jacken- oder Handtaschen geschützt. Aber dafür wird das Display nicht durch kratzfestes Glas geschützt, sondern einen Plastikfilm. Schließlich soll der Bildschirm ja gefaltet werden. Außerdem können die Displays damit dünner gebaut werden. Nur stellten Tester schon nach einem Tag kleinste Kratzer in der Schutzfolie fest.

Ich bin daher überzeugt: Der Smartphone-Boom mag vorbei sein. Am Ende ihres Lebens ist der klassische Bildschirmriegel aber noch lange nicht.

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