Superhelden gegen Phobien

Sie können Superhelden nicht ernst nehmen? Fehler! Eine israelische Studie zeigt, dass Spiderman die Angst von Spinnen-Phobikern lindert. Rezeptfrei.

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Wenn Sie am Wochenende im Kino waren, um sich das Ende des Marvel’schen Superhelden-Epos Avengers: Endgame anzusehen, haben Sie sich hoffentlich prächtig amüsiert (wer sich Karten für den Film kauft, weiß, was er tut) und genügend Zeit gehabt, die audiovisuelle Überforderung einer kosmischen Weltenrettung zu verdauen. Und falls Sie eine Entschuldigung für Ihr soziales Umfeld benötigen, weshalb Sie sich bei herrlichstem Frühlingswetter in eine klimatisierte Dunkelkammer gesetzt haben, um Popkorn-Kino zu konsumieren, können Ihnen vielleicht Wissenschaftlerder Bar-Ilan Universität in Israel weiterhelfen: Sie haben herausgefunden, dass das Anschauen sieben Sekunden langer Clips aus Spiderman oder Antman-Filmen Phobien gegenüber Insekten – insbesondere natürlich gegenüber Spinnen und Ameisen – reduziert. Was bewirkt dann wohl erst ein dreistündiger Film? Sie müssen den Kinobesuch also nur als Therapieeinheit gegen ihre Arachnophobie deklarieren.

Spaß beiseite: Geschätzt leidet jeder zehnte Europäer an Angst vor Spinnen, der Arachnophobie. Unter Entomophobie, der Angst vor Insekten, leidet fast jedes Kind und bei drei Prozent der Bevölkerung bleibt diese Angst bestehen. Diese Ängste belasten die Betroffenen stark in ihrer Lebensqualität, sind häufig Anlass für Herabwürdigungen und nicht selten therapiebedürftig. Die Idee der Forscher Menachem Ben-Ezra und Yaakov Hoffman war, Spinnen und Insekten für die Betroffenen mit dem positiven Kontext der Superhelden aus der Comicwelt zu verknüpfen und den Krabbeltieren so den Schrecken zu nehmen. Sie haben 424 Studienteilnehmer in vier Gruppen unterteilt und jeder Gruppe einen anderen Clip gezeigt: Zwei Gruppen einen Ausschnitt aus Spiderman oder Antman. Den anderen Gruppen haben sie Szenen ohne Superheldenbeteiligung vorgespielt – als Kontrollgruppen. Erstaunlich kurze sieben Sekunden mit Spinnen oder Ameisen aus Hollywood haben gereicht, um die Phobie der Teilnehmenden um 20 Prozent zu reduzieren – auf einer Skala, die sie vorab über Fragebögen ermittelt haben. Ist es nicht schön, wenn Pläne wie diese aufgehen?

Immerhin haben es die Superhelden in das Journal Frontiers in Psychiatry geschafft – also neben der kosmischen Weltenrettung auch noch nebenbei wissenschaftlich Karriere gemacht. Und diese Karriere wird wohl weitergehen, wenn es nach den israelischen Psychologen geht. Sie sind durchaus bekennende Marvel-Superhelden-Fans, sehen in den Superheldenfilmen allerdings weit mehr, als nur Feuilleton untaugliches Blockbuster-Kino. "Solche Filme können Menschen helfen, Traumata zu überwinden", ist Ben-Ezra überzeugt und wird weiter mit ihrer Hilfe forschen, zunächst an post-traumatischem Stress.

Gibt es dann die Kinokarten demnächst auf Rezept? Immerhin legen die Israelis einen wissenschaftlichen Beweis der heilenden Kräfte Spidermans vor – etwas das für homöopathische Therapien bislang nicht zweifelsfrei gelungen ist. Eine Anfrage bei den Krankenkassen wäre es vielleicht wert…

(jle)