Bit-Rauschen: Intels schleppende Geschäfte und AMD-Optimismus

AMD schaut zum 50. Geburtstag optimistisch nach vorn, während Intels Umsatz schrumpft. Samsung plant gigantische Investitionen und Tesla ist stolz auf den hauseigenen KI-Chip für autonome E-Autos.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Intels schleppende Geschäfte und AMD-Optimismus
Lesezeit: 5 Min.

So schnell verdampfen 20 Milliarden US-Dollar Börsenwert: Nach Verkündung mäßiger Quartalszahlen und magerer Umsatzerwartungen für das laufende Jahr sackte Intels Aktienkurs um mehr als 10 Prozent ab. Enttäuscht sind Intel-Aktionäre besonders von den Xeons: Ausgerechnet bei den Serverprozessoren, wo es seit Jahren rasant bergauf ging, droht nun Schrumpfung. Immerhin versprach Intel durch die Blume, 2020 endlich den 10-Nanometer-Xeon Ice Lake-SP zu liefern. Vorher soll der 14-nm-Chip Cooper Lake schon mal das Ice-Lake-Bett anwärmen, sprich PCIe 4.0 und die LGA4189-Fassung mit acht Speicherkanälen einführen.

Doch im zweiten Halbjahr will AMD mit dem 64-Kerner Epyc Rome punkten – und die stolze AMD-Chefin Lisa Su konnte rechtzeitig zum 50. Firmenjubiläum (siehe 50 Jahre AMD: Vom 4-Bit-Register zur 64-Kern-CPU) einen rosigen Ausblick präsentieren. Bis Ende 2019 soll der AMD-Umsatz „im hohen einstelligen Bereich“ wachsen, ganz anders als bei Intel also. Dabei sind noch nicht einmal höhere Sony-Zahlungen für den AMD-Chip der kommenden PlayStation 5 einkalkuliert, die erst 2020 so richtig sprudeln sollen. Deutlich mehr Umsatz als mit den Epycs erwartet Lisa Su ohnehin vom Ryzen 3000 sowie von mehr Ryzen-Notebooks (siehe Mobiler Ryzen-Gamer) und ab dem dritten Quartal auch von Navi-Grafikchips. Ob die auch Raytracing können, wollte Su noch nicht verraten – anders als Intel: Raytracing wurde für die 2020 kommende Xe-GPU zugesichert, zumindest beim Einsatz als Workstation-Beschleuniger.

Unterdessen nimmt Qualcomm Abstand von ARM-Server-CPUs, sagt die Gerüchteküche. Vermutlich macht das Geschäft absehbar keinen Spaß mehr, wenn es bloß noch um Preiskampf gegen Cavium ThunderX2 und Ampere eMag geht. Falls Qualcomm aufgibt, dürfte man sich bei Intel ein wenig Schadenfreude gönnen, lief es doch bei den 5G-Modems genau umgekehrt, wie in c’t 10/2019 an dieser Stelle berichtet. Die Modem-Einigung mit Apple spülte Qualcomm zunächst rund 4,3 Milliarden US-Dollar in die Kasse. Derweil hat Apple bereits die ersten 5G-Experten von Intel angeheuert.

Globalfoundries mistet 10 Jahre nach der Gründung aus: Zwei Chip-Fabs wurden abgestoßen, der zweitgrößte Chip-Auftragsfertiger will sich auf die profitableren Aufträge konzentrieren. Der Verkauf der Fab 3E in Singapur, die 200-Millimeter-Wafer verarbeitet und auf dem 2010 zugekauften Chartered-Semi-Campus steht, brachte 236 Millionen US-Dollar in die Kasse. Käufer ist Vanguard aus Taiwan. Das US-Unternehmen ON Semiconductor, in dem auch der AMD- und Intel-Vorläufer Fairchild aufging, kaufte nun für 430 Millionen US-Dollar die Globalfoundries-Fab 10: Das ist das erst 2014 übernommene IBM-Werk für 300-mm-Wafer in East Fishkill am Hudson River nahe New York.

Während Globalfoundries abverkauft, investiert Samsung gewaltig: Umgerechnet 104 Milliarden Euro sollen die bisherige Abhängigkeit von den schwankenden Märkten der DRAM- und Flash-Speicherchips reduzieren. Das Geld fließt allerdings über rund 12 Jahre bis 2030, also sind es rund 8,5 Milliarden pro Jahr. 45 Prozent gehen in höhere Fertigungskapazität, 55 Prozent in die Chip-Entwicklung. Man will rund 15.000 neue Jobs im Heimatland Südkorea schaffen. Samsung setzte 2018 rund 219 Milliarden US-Dollar um, das entspricht etwa 13,5 Prozent des koreanischen Bruttoinlandsprodukts.

Den KI-Chip FSD mit 6 Milliarden Transistoren lässt Tesla mit 14-nm-Strukturen fertigen.

(Bild: Tesla)

Bekanntlich verlangen autonome Autos immer stärkere Prozessoren und solche entwickelt der Elektroautopionier Tesla nun selbst: Tesla-Chef Elon Musk belächelte öffentlich die seiner Meinung nach kümmerliche Performance der zuvor eingesetzten Nvidia-Prozessoren bei KI-Algorithmen. Mit Musk und Nvidia-Chef Jen-Hsun Huang treffen allerdings auch zwei gewaltige Egos aufeinander. Jenseits des Hahnenkampfs ist die Technik des Tesla-FSD-Chips für Full Self Driving (FSD) interessant: Zwölf ARM-Kerne vom Typ Cortex-A72 und mehrere Bildverarbeitungseinheiten für Kameras, aber vor allem sehr viele einfach gestrickte Rechenwerke plus 32 MByte SRAM für den Neural Network Accelerator NNA. Der führt 72 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde aus (TOps) und nimmt dabei 36 Watt Leistung auf.

Auch Apple und Intel schenkte der selbstbewusste Elon Musk bei der FSD-Vorstellung noch einen ein: Wer beim autonomen Fahren auf teure Lidar-Scanner setze statt auf billige Kameras, sei „verdammt“. Musk weiß, dass Apple auch an Lidar forscht und Intels Tochter Mobileye kürzlich die israelische Startup-Firma Eonite Perception gekauft hatte, die auch Lidar-Software entwickelt. (ciw)