Immer wieder WhatsApp? Eine Übersicht über Messenger-Dienste

„Wer kommt heute Abend zum Training?“ Das klärt sich am bequemsten über WhatsApp. Doch jede WhatsApp-Benutzung füttert die Datenkrake Zuckerbergs – zum Glück gibt es Alternativen.

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Immer wieder WhatsApp?
Lesezeit: 13 Min.
Von
  • Peter Schüler
Inhaltsverzeichnis

Smartphones mit Internet-Zugriff überwinden über Instant Messages viele Hürden, die anderen Formen der elektronischen Kommunikation im Weg stehen.

Instant Messages sind nicht nur einfacher zu handhaben, sondern kommen meist auch schneller ans Ziel als eine E-Mail. Außerdem lassen sie sich je nach verwendeter Software sehr diskret übermitteln und zudem äußerst bunt und kreativ gestalten.

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WhatsApp und Alternativen im Test

Knackpunkte zur Diskretion

Den Durchbruch fürs alt bekannte Instant Messaging brachte vor etwa zehn Jahren der Internetdienst WhatsApp. Der ist heute bei mehr als einer Milliarde Nutzern im Einsatz. Doch daneben gibt es zahllose alternative Chat- und Messaging-Apps mit unterschiedlichen Schwerpunkten, Stärken und Schwächen.

Eine Schwäche von WhatsApp ist genau wie beim ähnlich populären Facebook Messenger die Verbundenheit mit dem Anbieter Facebook und dessen Geschäftsmodell. Das beruht auf dem Einsammeln so vieler Anwenderdaten und Adressbucheinträge wie irgend möglich. Facebook stellt daraus umfassende persönliche Profile zusammen und vermarktet sie. Misstrauen gegenüber dem Datenschutz bei Facebook und Zweifel an der Fairness dieser Datenkrake haben dazu geführt, dass zahlreiche Unternehmen ihren Mitarbeitern inzwischen den dienstlichen Gebrauch von WhatsApp verbieten. Auch Politiker geraten ins Stolpern, wenn wie im Februar bei der niedersächsischen Justizministerin Barbara Havliza herauskommt, dass sie oder ihre Mitarbeiter per WhatsApp kommunizieren. Beim Facebook Messenger sind die Probleme noch auffälliger: Wer damit ein Konto anlegt, kann kaum verhindern, dass dieses nahtlos mit den eigenen Facebook-Daten und denen der Facebook-Freunde und -Freundesfreunde verfilzt.

Sieht man sich nach einem alternativen Messenger um, gerät die unüberschaubare Breite des Angebots zur Hürde. Diese Artikelstrecke gibt eine Übersicht über die wichtigsten klassischen Messenger-Apps.

Darüber hinaus bewerben sich viele weitere Dienste mit unterschiedlichen Schwerpunkten um die Gunst der Anwender: Zum erweiterten Spektrum der Chat-geeigneten Anwendungen gehören zum Beispiel E-Mail-Clients wie Outlook, Gmail und Thunderbird, die aufeinander bezogene Nachrichten immerhin als Chat-ähnliche Threads sortieren. Delta.Chat setzt ebenfalls auf die E-Mail-Protokolle SMTP und IMAP und kommt den Erwartungen an einen Messenger noch näher.

Weitere Dienste wie Skype for Business, Google Meet, Stackfield und Chiffry bieten sich mit der Integration in Office-Programme und zentraler Kontenverwaltung besonders für den geschäftlichen Einsatz an. Instagram, Tic Toc und ähnliche Apps sind vor allem als Plattformen zum Teilen kurzer Videoclips populär.

All diese Dienste hier zu berücksichtigen würde den Rahmen sprengen. Als Grenzfall haben wir uns jedoch das zunehmend populäre Discord angesehen, auch wenn es dabei prominent um die Unterstützung der Online-Spieleplattform Nitro geht.

Bei der Wahl eines Chatprogramms kommt es zuallererst darauf an, wen man damit erreichen kann. Bei WhatsApp braucht man sich darüber keine Gedanken zu machen – die App ist allgegenwärtig. Bei anderen Diensten stellt sich immer die Frage, ob die gewählte App auch beim gewünschten Chat-Partner installiert ist oder ob man sie ihm erst schmackhaft machen muss.

Außerdem gilt es, den Spaß beim Chatten gegen den möglichen Verlust an Privatsphäre abzuwägen. Apps wie Telegram, Facebook Messenger und Discord bringen außerdem Bots ins Spiel. Diese können auf Anfrage Nachrichten oder andere nützliche Infos liefern, beim Herbeiführen von Gruppenentscheidungen helfen oder schlicht zum spielerischen Zeitvertreib dienen.

Ein wichtiges Kriterium für den Schutz der Privatsphäre ist die Fähigkeit eines Messengers, alle Inhalte mit durchgängiger Verschlüsselung zu übertragen. Wie unser Test der Messenger-Dienste aufzeigt, tun das einige Dienste nur in Sonderfällen auf Anforderung.

Selbst bei einem Ende-zu-Ende verschlüsselten Nachrichtenaustausch ist der Datenschutz noch keineswegs in trockenen Tüchern. Was passiert, wenn in fünf Jahren leistungsfähigere Rechner die heute gebräuchlichen Kryptografie-Verfahren durchbrechen, oder wenn ein persönlicher Schlüssel in falsche Hände gerät? Merkmale zur Beurteilung solcher Risiken und Techniken zur Absicherung davor umreißt der Beitrag über die Sicherheit von Messenger-Diensten.

Außer den übermittelten Inhalten sind auch Metadaten schützenswert, zum Beispiel die Information, wer wann von wo aus mit wem gechattet hat. Mit dem Android-Messenger Briar kann man nach Terminabsprache schmucklose Einzel- und Gruppenchats mit individuell authentisierten Partnern über das Tor-Netzwerk führen. Verbindungswege lassen sich dabei nicht zurückverfolgen, und es bleiben auch keine lesbaren Daten im Internet erhalten. Wer auf diese Art zum Beispiel mit verfolgten Dissidenten in einem Krisengebiet chatten kann, wird bereitwillig auf lustige Emojis, Chat-Archive und cloudgestützte Kontakt-Suchmaschinen verzichten. Threema bietet mit besserem Komfort ein ähnliches Maß an Diskretion wie Briar, steht und fällt aber mit dem Fortbestand des einzigen Anbieters.

Mit Protokollen wie Jabber, mittlerweile als XMPP standardisiert, oder mit Matrix macht man sich unabhängig von einzelnen Dienstanbietern. Server auf Basis quelloffener Software für diese Protokolle stehen reichlich im Internet und sind untereinander vernetzt. Zudem kann jedermann eine eigene Instanz aufsetzen.

XMPP-Client-Apps gibt es wie Sand am Meer; allerdings bieten nicht alle Apps denselben Funktionsumfang. Bei der Kommunikation über XMPP kann es daher geschehen, dass der Versuch einer verschlüsselten Kontaktaufnahme mit der Meldung scheitert, dass das gewählte Verschlüsselungsprotokoll beim Gesprächspartner nicht unterstützt wird. Der Android-Client Conversations und die Matrix-Referenzimplementation riot.im repräsentieren im Test auf Seite 72 die Apps für föderierte Dienste.

Dienste wie Discord und Line beeindrucken ähnlich wie der Facebook Messenger mit großen Sammlungen von Stickern, Emojis und Animationen – wichtig für Anwender, die damit ihre Konversation aufhübschen möchten. Weitere Schmankerl sind Videochats und die Option, in einer Sitzung zwischen dem Kamerabild und der Anzeige eines laufenden Videogames umzuschalten.

Was den Schutz vor heimlichen Analysen ihres Kommunikationsverhaltens angeht, können Anwender bei den meisten dieser Dienste nur auf die Moral des Anbieters hoffen. In einer Hinsicht ist das zumeist unkritisch: Chats über Terminabsprachen und Familientratsch werden kaum einen Nachrichtendienst interessieren. Andererseits sind alle Menschen im Netz willkommene Datenquellen für Werbetreibende, Marktforscher und deren Kundschaft.

Geschäftsleute, Politiker und Journalisten werden berufliche Chats hoffentlich nur mit sicheren Messengern abhalten, auch wenn sie für Verabredungen mit Freunden auf WhatsApp zurückgreifen und zur Planung von Pokemon-Go-Events womöglich einen anderen Messenger bevorzugen. Wichtig ist nur, dass man die besonderen Stärken und Schwächen jeder benutzten App kennt.

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Kazim Akboga sang es: „is mir egal“ – mir und meinem Mobiltelefon ist auch gleichgültig, welcher Messenger darauf herumkreucht. Wenn jemand meint, nur mit einem bestimmten kommunizieren zu wollen und mir derjenige wichtig ist, dann installiere ich die Software eben. Ich würde ja auch Sprachbarrieren zu überwinden versuchen. So wie der US-Amerikaner gemeinhin keine Fremdsprache spricht, so verhält es sich auch mit vielen Nicht-IT-Profis: Im Sportverein, im Elternrat, den Essens- und Skatrunden ist halt WhatsApp das Messenger-Englisch oder -Esperanto. Zuckerbergs Daten-Zombies sollen meinethalben ersticken an „komme fünf Minuten später“, „heute nicht dabei“ und „wer kann morgen fahren“. Ich stelle die ganzen Gruppen auf stumm und schon ist Ruhe.
Erfreulich ist, dass ich die explodierende Kommunikation im Browser am Rechner mit Maus und Tastatur erledigen kann – so werfe ich in Rage über die Tastatur das Telefon seltener gegen die Wand. Intimitäten wie Passwörter und Fotos vertraue ich erst gar keinem Messenger an. Dafür gibt es herstellerunabhängige Technik abseits des Gebrauchsgequatsches, etwa PGP-geschützte Mail oder private Dateiablagen. (Peter Siering)


Alle meine Freundinnen und Freunde beklagen sich darüber, wie blöd Facebook ist und dass man den Account dringend kündigen muss. Gegen WhatsApp hat augenscheinlich niemand Vorbehalte. Unverständlich: Schließlich hat Facebook beim Kauf von WhatsApp viel versprochen und wenig davon gehalten, auch was die Eigenständigkeit von WhatsApp angeht.
Es fühlt sich so an, als gäbe es keine Alternative zu WhatsApp. Doch mit Signal gibt es eigentlich den perfekten Messenger: Signal ist quelloffen und von unzähligen Experten als abhörsicher eingestuft worden. Man muss sich nicht sorgen, alle Kontakte könnten auf US-amerikanischen Servern landen und vielleicht sogar von Werbetreibenden ausgewertet werden.
Backups lassen sich lokal speichern und bleiben so unter eigener Kontrolle.
Auch der Funktionsumfang braucht sich mit Audio-, Foto- und Videoversand, Emojis, GIF-Unterstützung und Gruppenchats nicht vor der Konkurrenz zu verstecken. Darüber hinaus hat Signal Desktop-Clients für alle gängigen Betriebssysteme. Auf Android-Smartphones fungiert es auf Wunsch nebenbei als SMS-App, sodass man im Idealfall einen Messenger für alle Nachrichten hat.
Dieser Idealfall träte aber nur ein, wenn wirklich alle Nutzer den Wechsel auf den sichersten und obendrein kostenlosen Messenger endlich mal wagten. Bis dahin muss man wohl weiterhin mindestens drei verschiedene Chat-Apps auf dem Handy existieren lassen. (Stefan Porteck)


Als Telegram eine der ersten Messenger-Apps war, die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung konnten, habe ich sie meinem ganzen Freundeskreis aufgeschwatzt. Meine Freunde nutzten die unbequemen privaten Chats aber kaum. Sie fuhren auf Telegram ab, weil der zugehörige Desktop-Client sehr gut funktioniert und weil sie Spaß an Stickern hatten. Sticker sind Emojis in groß, beispielsweise mit berühmten Schauspielern, süßen Katzen oder Gesichtern von Politikern.
Ich ging damals davon aus, dass Telegram verschlüsselte Gruppenchats bestimmt bald nachliefern würde, aber die russische App blieb bei der Sicherheit einfach stehen und wurde von ihrem Vorbild WhatsApp technisch überholt. Meinen Freunden war das egal: Sticker zu haben war wichtiger als die Angst, vom russischen Geheimdienst abgehört zu werden.
Mit der hervorragenden Bot-Schnittstelle hat Telegram danach auch bei mir noch mal Punkte gesammelt. Ich habe inzwischen Bots, die Abstimmungen leiten, meine Stimmungslage archivieren und den Kantinenplan für mich recherchieren.
Für mich ist Telegram ein leicht zu bedienender und verlässlicher Messenger, dessen viele Features mein Leben deutlich erleichtern. Für private Informationen an mehr als eine Person weiche ich aber auf Signal aus, da mir bloße Transportverschlüsselung, die ich zudem extra anfordern muss, bei Telegram nicht reicht. (Pina Merkert)


Ich benutze XMPP seit mehreren Jahren für meine alltägliche Kommunikation. Am besten gefällt mir dabei Conversations. Meine Hauptmotivation dafür ist Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit.
Bei XMPP kann ich mir App und Anbieter aussuchen (und wechseln) und sogar meine eigene Domain verwenden. Meine Freunde und Freundinnen müssen nicht die gleichen Anbieter oder Apps nutzen. Im Grunde so, wie man es auch von E-Mail her kennt.
Besonders praktisch finde ich, dass bei meinem Anbieter die E-Mail-Adresse auch gleichzeitig meine Chat-Adresse ist und der Anbieter Ökostrom verwendet, was mir sehr wichtig ist.
Für Menschen, die sich nicht viel mit dem Thema beschäftigen möchten, habe ich gute Erfahrungen damit gesammelt, Quicksy zu empfehlen. Sie nutzen es praktisch wie Telegram oder WhatsApp und müssen sich um nichts kümmern; allerdings mit dem erheblichen Unterschied, dass sie problemlos mit dem Rest der XMPP-Welt kommunizieren können.
Super finde ich dabei übrigens die Möglichkeit, mich als klassischer XMPP-Nutzer in das Quicksy-Verzeichnis eintragen zu können, damit mich Bekannte mit Quicksy automatisch finden. (Sascha Krause)


Anonymität ist bei Discord ein großes Plus: Ich muss niemandem meine Handy-Nummer oder Mail-Adresse verraten. Um jemanden auf Discord anzusprechen, verwendet man seinen Benutzernamen oder schickt ihm eine Einladung zum eigenen Server – in Form einer URL, falls man nicht weiß, ob er schon Discord benutzt. Die App fungiert übrigens automatisch als kostenloser Server.
Im Sprachgebrauch von Discord steht der Begriff „Server“ einfach für einen Chatroom. Wenn die App für den „Server-Eigentümer“, also den Einrichter des Chatrooms als Server agiert, bedeutet das nur, dass sie die Teilnehmerrechte verwaltet. Alle Kommunikation läuft trotzdem über Anwendungsserver in der Cloud.
Um eine Einladung anzunehmen, muss ich mich nicht einmal registrieren: Ich kann auch als Gast den Server betreten – darf aber je nach Einstellungen erst mitreden, wenn ich mich per E-Mail verifiziert habe. Direktgespräche mit anderen Nutzern sind immer möglich, die Discord-Apps benachrichtigen auf Mobilgeräten auch beim Eingang neuer Direktnachrichten. Damit ersetzt Discord WhatsApp & Co. – allerdings ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.
Mit mehreren Partnern diskutiert man entweder in Textchats oder in Videochats, die ursprünglich als Teamspeak-Ersatz für Gamer gedacht waren. Heute benutzt man sie aber auch zum gemeinsamen Karaoke-Singen. Dank nativer Clients für alle wichtigen PC- und Mobil-Plattformen sowie guter Browser-Integration funktioniert der Videochat überall einwandfrei. (Mirko Dölle) (hps)