Themenmolekül: Von allem für alle

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie. Diesmal unter anderem mit Online-Verirrungen, Party-Tieren und Psycho-Apps.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Peter Glaser

Auf meinen Expeditionen durch das Netz finde ich immer wieder bemerkenswerte Informations-Atome, die sich im Lauf der Zeit zu Themenmolekülen verbinden. Gelegentlich möchte ich an dieser Stelle solche Link-Gravitationswolken aus der Welt der fröhlichen Wissenschaft und Technologie vorlegen.

2009 kam der ehemalige Game-Designer Jan van der Crabben zu dem Schluß, dass dem Internet eine verlässliche und umfassende Ressource für die antike Geschichte fehlt, also gründete er die Ancient History Encyclopedia. Sie offeriert nicht nur Lehrenden, Lernenden und schlichtweg Neugierigen eine Fülle von Ressourcen zur alten Geschichte, Philosophie und Kunst sowie Klassikern. Die multimedialen Artikel werden von Wissenschaftlern und Fachautoren verfasst. Stöbern macht hier ziemlichen Spaß, die Encyclopedia lässt sich auf verschiedene Arten erkunden. Neben der konventionellen Schlagwortsuche kann man einen alphabetischen Index abgrasen, der von A wie Abbey of Saint John at Mustair (dem Benediktinerinnenkloster St. Johann in Graubünden) bis Z wie Zvartnots Cathedral (der Ruinenstätte Swartnoz in Armenien) reicht. Man kann aber auch einen Zeitstrahl oder eine Region entlanglesen oder speziell markierte Karten zur Geschichte des Altertums heranziehen. An Tools stehen beispielsweise ein lateinisches Wörterbuch zur Verfügung, oder auch ein Rechner, der englische Maßeinheiten – van der Crabben lebt in Sussex – automatisch in Maßeinheiten umwandelt, die ursprünglich im antiken Griechenland, in Rom und in Ägypten verwendet wurden. Das spendenfinanzierte Unternehmen darf sich inzwischen mit jährlich weit über 20 Millionen Online-Besuchern die "meistgelesene Enzyklopädie des Altertums" nennen.

Tach. Heuschrecken treffen sich in großer Zahl, wenn die Zeiten hart sind. Die großen Hinterbeine reiben dabei ungewollt aneinander und lösen durch die Freisetzung von Serotonin in ihrem Nervensystem eine daraus resultierende Kaskade von Verhaltensstörungen und physiologische Veränderungen aus. Mit anderen Worten: Sie werden zu Partytieren.

Das Internet ist fester Bestandteil des heutigen Lebens. Mit dieser Technologie ist der Zugang zu Informationen in oft überwältigender Menge und von zweifelhafter Qualität verbunden. Wie kann man Fakten aus Online-Fiktionen heraussuchen und schlechte Angewohnheiten im Internet vermeiden (oder korrigieren)? Navigating Digital Information ist eine Videoserie mit Crashkursen von John Green. Sie bietet praktische Strategien für diese und andere Aspekte digitaler Kompetenz. In zehn spannenden Episoden, jeweils etwa fünfzehn Minuten lang, werden Fähigkeiten und Techniken zur Auswertung von Online-Informationen vermittelt, die dem Netzschlürfer helfen, das von ihm konsumierte digitale Material kritisch wahrzunehmen. Jeder, der das Internet nutzt, kann von diesem kleinen Lehrgang profitieren. Green in der Vorschau: "Jeder Mensch neigt dazu, online in die Irre geführt zu werden.

Liebling, ich habe das 3D-Objekt geschrumpft.

Es gibt eine zunehmende Reihe von mobilen Apps, die der psychischen Gesundheit zuträglich sein wollen. Aber wie glaubwürdig sind diese Programme? Wie beruhigend sind ihre Datenschutzrichtlinien? Eine Stelle, an der man versucht, solche Fragen stichhaltig zu beantworten, ist der PsyberGuide, ein Projekt der Non-Profit-Organisation One Mind, die von Wissenschaftlern der privaten Northwestern University und der University of California initiiert wurde. One Mind setzt sich für weitgehende Zusammenarbeit und Open Science in der Neurowissenschaft ein. Der PsyberGuide soll Menschen dabei helfen, verantwortungsbewusste und fundierte Entscheidungen über Apps und andere digitale Instrumente für die psychische Gesundheit zu treffen. Dazu werden möglichst unvoreingenommene Bewertungen vorgelegt. Derzeit stehen 187 Apps und digitale Tools auf der Liste, deren Glaubwürdigkeit wissenschaftlichen Untersuchungen, Benutzererfahrungen und der Transparenz ihrer Datenschutzrichtlinien standhalten muß. Zu vielen Apps gibt es noch ausführliche Bewertungen angesehener Experten. Standardsortierung der Liste ist die Credibility, man kann aber auch nach Namen, Nutzererfahrung oder Transparenz sortieren und die Ergebnisse nach Plattform, Kosten, Behandlungstyp und Gesundheitszustand filtern.

Kopfmodelle der Künstlerin Rebecca Allen für das Kraftwerk-Video Musique Non-Stop von 1986.

Je nach den zur Stromerzeugung genutzten Energiequellen kann die Umwelt einer Region unterschiedlich beeinträchtigt werden. Das gilt insbesondere für Ausgangsmaterialien wie Kohle und Öl, deren Kohlendioxidemissionen zum globalen Klimawandel beitragen. Wer sich über die Auswirkungen der Stromerzeugung und des Stromverbrauchs in seiner Region und den Vergleich mit anderen Weltgegenden informieren möchte, sollte sich electricMap ansehen. Die interaktive Open-Source-Karte führt Stromdaten zusammen, um die Kohlenstoffintensität des Stromverbrauchs in verschiedenen Regionen der Welt zu demonstrieren. Die Karte läßt sich auch umschalten, um Wind- und Sonnenenergiepotenziale in Echtzeit anzuzeigen und Stromimporte und -exporte mit einzubeziehen. ElectricityMap ist von öffentlich verfügbaren Daten abhängig, weshalb derzeit nicht alle Wektregionen erfasst werden. Das Projekt wurde 2016 von dem dänischen Startup Tomorrow begonnen, dessen Gründer Olivier Corradi, ein Spezialist für maschinelles Lernen, "die klimatischen Auswirkungen von allem ... für alle" zugänglich machen möchte.

(bsc)