Vernetzte Autos: EU-Staaten verzögern Entscheidung über WLAN oder C-V2X

Der Ministerrat will die Einspruchsfrist gegen den Plan der Kommission für "kooperative intelligente Transportsysteme" bis zum Sommer verlängern.

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Vernetzte Autos: EU-Staaten verzögern Entscheidung über WLAN oder C-V2X

(Bild: dpa / Jan Woitas, Archiv)

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Eigentlich sollte Mitte Mai das europäische Regelwerk zu "kooperativen intelligenten Transportsystemen" endgültig stehen, mit dem die Industrie vernetzte Autos und zugehörige Infrastruktur schneller auf die Straße bringen könnte. Nachdem das EU-Parlament den Vorschlag der EU-Kommission für einen delegierten Rechtsakt im April bestätigt hatte, sollte die zweimonatige Einspruchsfrist in diesen Tagen enden. Doch die Initiative hängt jetzt im Ministerrat fest, wie aus einer heise online vorliegenden Depesche der Bundesregierung hervorgeht.

Stein des Anstoßes: Die Kommission spricht sich mit ihrer Initiative für "Cooperative Intelligent Transport Systems" (C-ITS) hauptsächlich für den Standard ITS-G5 aus, also die bereits etablierte und in Pilotprojekten getestete WLAN-Spezifikation 802.11p aus. Konzerne wie die Deutsche Telekom und BMW drängen dagegen darauf, für die "Car to Car Communication" (C2X) die Mobilfunktechnik C-V2X einzusetzen. Die entsprechende, 2017 verabschiedete LTE-Spezifikation "Cellular Vehicle to Vehicle" sowie der künftige Mobilfunkstandard 5G seien breiter verwendbar als die "Übergangstechnik" ITS-G5.

In der Frage, welche Funktechnik zum Tragen kommen soll, verläuft längst ein Riss durch die gesamte Automobilbranche. Im EU-Rat plädierten laut der Mitteilung des Auswärtigen Amtes in einer Sitzung Anfang Mai nun Deutschland und zwölf weitere Staaten dafür, die Einspruchsfrist zu verlängern. Als Grund dafür gaben sie etwa an, dass der juristische Dienst des Rates eine schriftliche Stellungnahme abgeben sollte. Auch die jeweiligen nationalen Experten bräuchten mehr Zeit, um das Kommissionspapier zu prüfen.

Acht Staaten waren dagegen dafür, den Rechtsakt unmittelbar anzunehmen und – wie das Parlament – kein Veto einzulegen. Schweden erklärte ebenfalls sein Einverständnis, appellierte aber an die Kommission, Spezifizierungen auch bei GSM, LTE und 5G anzugehen. Großbritannien begrüßte die Erläuterungen, hielt aber eine Zusicherung für nötig, dass das Rahmenwerk effizient und rechtzeitig angepasst werden könnte.

Die rumänische Ratspräsidentschaft sprach sich dafür aus, dass der Juristische Dienst des Ministergremiums die von vielen Mitgliedsstaaten vorgebrachten rechtlichen Bedenken analysieren sollte. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (AStV) stimmte wenige Tage später zu, die Einspruchsfrist bis 13. Juli zu verlängern und die Kommission darüber zu informieren.

Der Verkehrsexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Oliver Luksic, kritisierte die Verzögerung gegenüber heise online scharf: "Die fehlende Rechtssicherheit behindert Investitionen und vergrößert damit den Rückstand Europas." Die Bundesregierung müsse jetzt Druck machen, da Car2X "mittelfristig zur Grundausstattung im Straßenverkehr wird und Deutschlands Industrie Planungssicherheit benötigt".

Das federführende Verkehrsministerium hatte zuvor in einer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion erklärt, dass sie sich im Streit über WLAN oder C-V2X etwa im Rahmen der europäischen Funknormung an Gremien beim Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) teilnehme und sich dort für Interoperabilität starkmache. (anw)