Draugen im Test: Die Geister, die ich rief

Das wunderschöne Mystery-Adventure Draugen erzählt eine kurze, aber intensive Geschichte über nordische Seegeister, tödliche Flüche und Wahnvorstellungen

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Draugen im Test: Die Geister, die ich rief

(Bild: Red Thread Games)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Das einsame Dorf liegt versteckt an einem Fjord, Nebel steigt über den Gräbern auf und von den Bewohnern fehlt jede Spur – das ist der geheimnisvolle Auftakt für Red Threads Mystery-Adventure Draugen. Die Dreamfall-Chapters-Macher bleiben sich treu und erzählen eine komplexe Geschichte, bei der hinter dem schönen Schein ein Drama versteckt ist.

Als ihn der Hilferuf seiner Schwester Betty erreicht, eilt der Journalist Edward mit seiner Assistentin Lissie nach Norwegen. Doch als sie im abgeschiedenen Dorf Graavik ankommen, fehlt von Betty und den Dorfbewohnern jede Spur. Schnell finden die beiden aber Hinweise auf einen Fluch, der auf dem Dorf zu lasten scheint. Edward ahnt, dass seine Schwester in großer Gefahr schwebt und macht sich auf die Suche, um das Geheimnis des Dorfes und seiner Schwester zu erkunden. Im Seegeist Draugen, der die Menschen mit dem Tod konfrontiert, scheint die Lösung des Falls zu liegen.

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Oder etwa doch nicht? Die Macher spielen mit der Erwartungshaltung des Zuschauers und halten den ein oder anderen Twist bereit. Spielerisch wird dagegen wenig geboten: Draugen ist ein typischer Walking Simulator, bei dem der Weg das Ziel ist. Die Spieler durchsuchen mit Edward und der widerspenstigen Lissie das Dorf, finden Notizen und erkunden einen alten Minenschacht. Texteinblendungen geben ein paar Hintergrundinformationen, Ziele werden automatisch angezeigt. Dadurch wird das Spiel sehr linear. Rätsel oder ähnliches gibt es nicht.

Zwar hat Draugen nur eine kleine Spielwelt, aber diese ist umso schöner gestaltet. Die Entwickler entwerfen eine Postkartenidylle, in der Sonnenstrahlen sanft über die Berge gleiten und der Fjord friedlich vor sich hinplätschert. Fast könnte man vergessen, dass hinter dieser Fassade eine Tragödie lauert. Die gelungene Atmosphäre wird von den guten englischen Sprechern unterstützt. Leider sind nur die Untertitel in Deutsch.

Je länger die Detektivsuche voranschreitet, desto deutlicher wird, dass es hier gar nicht so sehr um ein gruseliges Abenteuer, sondern um die Seelenwelt seiner Protagonisten geht. Realität und Wahnvorstellungen verwischen und machen aus der Geschichte das Psychogramm einer traumatisierten Seele. Statt des großen Epos konzentriert sich Draugen lieber auf einen Moment oder eine Person. Das mag auch die kurze Spielzeit erklären, denn nach knapp drei Stunden ist schon Schluss.

Draugen im Test (5 Bilder)

Die Postkartenidylle trügt. Hinter dem schönen Schein verbirgt sich ein düsteres Geheimnis.
(Bild:
Red Thread Games
)

An Draugen scheiden sich die Geister. Zu bemängeln ist vor allem der mangelnde spielerische Anspruch, außerdem werden nicht alle erzählerischen Fragen beantwortet. Letztendlich waren die drei Stunden vielleicht doch etwas zu wenig, um komplexe Themen wie verdrängte Familientragödien, verfluchte Dörfer oder Psychosen abzuhaken. Trotz aller Kritikpunkte ist Draugen aber ein wunderschön anzusehender Spaziergang, für den die Spieler trotz der kurzen Spielzeit Ruhe und Geduld besitzen sollten. Wer hier einfach durch die Handlung hetzt, verpasst den Auftakt für eine neue Abenteuerreihe, die in Zukunft ihre komplexen Themen hoffentlich vertiefen wird.

Draugen ist Ende Mai als Download für Windows erschienen und kostet ca. 20 Euro. USK nicht geprüft. (dahe)