Bestellservice aus der Luft

Medikamente, Mango-Eis und mexikanisches Essen: Die Alphabet-Tochter Wing liefert seit April Produkte mit Drohnen aus.

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Bestellservice aus der Luft

(Bild: Alphabet)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Die Kunden in drei Vororten der australischen Hauptstadt Canberra bestellen per App bei Geschäften vor Ort und erhalten die Lieferung innerhalb von zehn Minuten, verspricht das Unternehmen. Das sei schneller als ein Lieferwagen oder Selbstabholen, spare Emissionen ein und vermeide Staus. Selbst zum Geschäft zu fahren, erzeuge die 16-fache Menge an CO2, Lieferwagen stießen das 22-Fache aus, argumentiert das Unternehmen.

Die Fluggeräte mit einem Meter Spannweite befördern bis zu 1,5 Kilogramm schwere Sendungen in einem Umkreis von 20 Kilometern. Kommt ein Auftrag herein, schwirren sie los zum lokalen Unternehmen in Canberra, das Wing mit einem vorher abgesprochenen Vorlauf benachrichtigt. Zu den Partnern gehören unter anderem eine Bäckerei, eine Eisdiele, ein Café, ein Restaurant und eine Apotheke. Beim Kunden angekommen, suchen die Drohnen eine geeignete Stelle, schweben dort in sieben Metern Höhe und lassen die Bestellung in einem Papp-Päckchen per Seilwinde zu Boden. Die Sendung hakt automatisch aus, die Leine surrt nach oben, und die Drohne fliegt zurück zur Wing-Basis zum Aufladen.

Die autonomen Drohnen werden von einer sogenannten "unmanned traffic management platform" (UTM) gesteuert. Diese plant ohne menschliche Hilfe die Strecken, beachtet Flugkorridore und sorgt dafür, dass die Fluggeräte ihre maximale Flughöhe von 120 Metern einhalten, dabei Häusern, Bäumen, Stromleitungen und anderen Drohnen ausweichen. In der Basisstation sitzen zwar Piloten, die jeweils mehrere Drohnen auf einmal auf dem Monitor überwachen. Sie sollen aber nur im Notfall eingreifen, etwa wenn die Drohne ein Abweichen von der vereinbarten Route meldet.

Die Drohnen navigieren per GPS. Fällt es aus, verlassen sie sich auf ihre Bordkamera. Sie gleicht Landmarken in den Aufnahmen mit gespeicherten Karten ab und bestimmt so, wo sie sich befindet und wie schnell sie fliegt. Befürchtungen, die Fluggeräte würden so zu Spionen, schiebt Wing beiseite: Es handele es sich um niedrig aufgelöste Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die nicht zur Steuerzentrale übermittelt werden. Nachjustieren muss Wing allerdings bei der Lärmbelastung: Anwohner hatten sich über das laute und unangenehm hohe Surren beim Überflug beschwert.

Wind und Regen mache den Drohnen nichts aus, sagt das Unternehmen. Wie gut sie mit Kälte und Schnee klarkommen, testet es – ebenfalls seit diesem Frühjahr – in der finnischen Hauptstadt Helsinki. Als dritter Kontinent könnte bald Nordamerika hinzukommen: Im April erhielt Wing von der Luftfahrtaufsichtsbehörde FAA in den USA die Flugzulassung und darf nun auch dort ausliefern. Als erste Städte sind Blacksburg und Christiansburg im Bundesstaat Virginia geplant.

(bsc)