Krieg der Gauner: Erste .info-Domains vergeben

Die ersten "Gewinner" von Webadressen unter .info, einer der sieben neuen Top Level Domains, stehen fest.

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Von
  • Monika Ermert

Die ersten "Gewinner" von Webadressen unter .info, einer der sieben neuen Top Level Domains, stehen fest. Obwohl zunächst nur die Inhaber von Marken ein Vorregistrierrecht geltend machen sollten (Sunrise Period), haben sich zahlreiche Nutzer keineswegs an die Vorgaben des Registrarkonsortiums Afilias gehalten. So ging "Deutschland.info" an einen britischen Interessenten oder "Muenchen.info" – ganz unbayrisch – an einen Kunden in Sachsen.

Mit dem Nachweis der zugehörigen Markeneinträge haben es die ganz schnellen Domaineinkäufer zum Teil auch nicht so richtig genau genommen. Der momentan für die Adresse "heise.info" registrierte Einkäufer etwa gab an: "Markenzeichenname: ich – Land der Markeneintragung: was ich hier – Markennummer: habe keine Ahnung". Auf US-Mailinglisten wird bereits lautstark der Sinn einer solchen Sunrise-Periode in Frage gestellt. Vor allem der beträchtliche Anteil an registrierten Allgemeinbegriffen "sex.info" bis "blaehungen.info" berechtigt zu der Frage, ob für Otto-Normal-User zu Beginn der allgemeinen Registrierphase am September nur noch reste.info zur Verfügung steht. energie.info, wasser.info, recht.info, euro.info – alles, alles schon vergeben.

Eric Schätzlein, für Schlund im Vorstand von .info-Betreiber Afilias, zeigt sich vom Ergebnis der ersten beiden von insgesamt fünf Sunrise-Runden allerdings nicht überrascht. "Die Sunrise-Phase sollte eine Chance für die Inhaber von Marken bieten, sich die entsprechenden Domains zu sichern. Zwar war die Nachfrage geringer als erwartet, aber eine ganze Reihe von Unternehmen hat das genutzt und auch den Zuschlag bekommen."

Von den rund 3.000 Schlund-Anmeldungen in der ersten Runde haben etwa 2.500 die gewünschten Domains bekommen. Ein paar große Namen sind durchaus auch darunter, etwa die Automobilkonzerne Mercedes oder Porsche, aber auch sie haben Federn lassen müssen, so ging die 911.info an einen US-Kunden. Insgesamt sollen rund 30.000 bis 40.000 .info-Domains weltweit registriert worden sein. "Nicht gerade die Millionen, die man erwartet hat", kommentiert Schätzlein.

Auch bei der United Domains AG, dem Sunrise-Partner des zweiten deutschen Afilias-Mitglieds, der Enterprise Multimedia AG (EPAG), ist man nicht zufrieden. 90 Prozent der Kunden haben ihre Domain bekommen, bei allerdings deutlich geringeren Anmeldezahlen. Markus Eggensperger, Sprecher der United Domains AG (UDAG), ist außerdem fest überzeugt, dass die Mehrzahl seiner Kunden tatsächlich auch einen Anspruch auf den registrierten Namen hat.

Markeninhaber, die die ersten Runden verschlafen haben, haben noch weitere Chancen, um es mit den Vorkaufsrecht zu versuchen. Die voraussichtlich letzte Runde endet am 10. August. Anschließend kann noch bis 27. August weiter registriert werden, und erst dann geht es in die so genannte Challenge-Period. 120 Tage lang können sich die Verlierer dann mit den vorläufigen Inhabern darum streiten, was mehr wert ist: eine Markeneintragung in Botswana oder eine in Dänemark, ein Handelsregistereintrag in Deutschland oder eine US-Markenanmeldung. 300 US-Dollar muss derjenige auf den Tisch legen, der den aktuellen Inhaber durch ein Schiedsverfahren vor der World Intellectual Property Organization (WIPO) zur Herausgabe zwingen will.

Spannend wird es allerdings sein, was aus den eingetragenen Allgemeinbegriffen wird. Je nach nationaler Gesetzgebung könnte eine bevorrechtigte Registrierung unterschiedlich bewertet werden. Nach deutschem Recht jedenfalls können Allgemeinbegriffe nicht als Marken eingetragen werden. Wer sollte diese Eintragungen dann aber in Frage stellen? "Prinzipiell kann jeder ein Challenge-Verfahren anstrengen", sagt Eggensperger. Doch seiner Einschätzung nach müssen die freigeklagten Allgemeinbegriffe wieder in die Datenbank freier Domains zurückgegeben werden. "Gewinnen wird dann am Ende der, der den besten Programmierer hat und automatisisert den Zeitpunkt mitgeteilt bekommt, wenn die betreffende Domain wieder frei wird. Das wird ein Krieg unter Gaunern."

Gegen den Anbieter von .biz-Domains, NeuLevel, liegt angesichts der Vergabeprobleme inzwischen bereits eine Klage vor einem US-Gericht vor. Die Anklage lautet auf "Veranstaltung einer kriminellen Lotterie". (Monika Ermert) / (jk)