Gehirnsignale verraten, wie „wach“ das Gehirn ist

Australische Forscher haben mit einer vereinfachten Analysemethode Bewusstseinszustände bei Fruchtfliegen unterschieden.

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Gehirnsignale verraten, wie „wach“ das Gehirn ist

(Bild: "Taufliege im Wald" / Botaurus / Wikipedia / PD)

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Verschiedene Bewusstseinsebenen sind schwer zu messen. Der sogenannte Goldstandard besteht darin, funktionelle Magnetresonanzbilder des Gehirns zu untersuchen, wenn eine Person auf verschiedene Reize reagiert, beispielsweise auf Anweisungen, über das Tennisspielen nachzudenken. Dadurch werden die Aktivitätsmuster im Gehirn messbar verändert.

Allerdings sind fMRT-Geräte sperrig und teuer, und die Tests schwierig durchzuführen, insbesondere bei Patienten im Koma oder mit minimalem Bewusstsein. Die elektrische Aktivität des Gehirns mit Hilfe von Elektroenzephalografie (EEG) zu messen ist einfacher, aber Neurowissenschaftler haben sich noch nicht auf einen eindeutigen Bewusstseinsmarker bei diesen Signalen geeinigt. Ein besserer Weg, um das zu messen, was als „conscious arousal“ (auf Deutsch nur unzureichend etwa mit hoher Reaktionsbereitschaft umschreibbar) bekannt ist, war deshalb dringend erforderlich.

Roberto Muñoz von der Monash University in Australien arbeitet mit Kollegen an einer einfacheren Methode, um den Grad der hohen Reaktionsbereitschaft im ersten Schritt bei Fruchtfliegen anhand der Komplexität ihrer Gehirnsignale zu messen. Die Methode ermöglichte es ihnen, objektiv zwischen anästhesierten Fliegen und solchen ohne Anästhesie zu unterscheiden. Die neue Arbeit basiert auf der Komplexitätstheorie und spiegelt ein wachsendes Interesse an neuen Bewusstseinstheorien wider, die experimentell überprüfbar sind.

Einer der wichtigsten Durchbrüche bei der Erforschung des Bewusstseins in den letzten Jahren war die sogenannte integrierte Informationstheorie. Die vom Neurowissenschaftler Giulio Tonini entwickelte These besagt, dass ein bewusstes System zwei spezifische Merkmale haben muss. Zum einen muss es große Mengen an Informationen verarbeiten können. Zum anderen müssen diese Informationen komplett in ein Ganzes integriert werden, ohne in unabhängige Teile zerlegt werden zu können. Dies spiegelt die Erfahrung wider, dass jeder Moment des Bewusstseins ein einheitliches Ganzes ist. Bewusstsein besteht also aus Informationen mit spezifischen Eigenschaften.

Das Problem dabei ist, dass die Informationen, die mit der hohen Reaktionsbereitschaft verbunden sind, eindeutig mit vielen verschiedenen Teilen des Gehirns verknüpft sind. Das Messen dieser „integrierten Informationen“ ist deshalb eine schwierige Aufgabe. Muñoz‘ Team betrachtete deshalb den Informationsfluss einzelner Gehirnbereichen und maß die Komplexität über einen bestimmten Zeitraum hinweg.

Die Forscher maßen die Gehirnsignale von 13 Fruchtfliegen mithilfe von Elektroden im Wach- und in unterschiedlich stark anästhesierten Zuständen. Dabei stellten sie fest, „dass die statistische Komplexität im Durchschnitt größer ist, wenn eine Fliege wach ist, als wenn dieselbe Fliege anästhesiert wird“, schreiben die Forscher auf dem Onlineprotal ArXiv.org.

Das Bedeutende dabei ist, dass mit dieser Methode der Grad der Reaktionsbereitschaft mit Daten sogar aus einem einzigen Kanal und nicht aus vielen verschiedenen Datenquellen zuverlässig bestimmt werden kann. Es deutet auch darauf hin, dass es einen klaren Marker für die hohe Reaktionsbereitschaft gibt, der nicht von spezifischen externen Reizen abhängt. Die Arbeit eröffnet die Möglichkeit für weitere, detailliertere Studien. Zum Beispiel könnten die Daten verschiedener Kanäle mehr Einblicke in die Natur des Bewusstseins bieten. Inwieweit sich die neue Methode auch bei Menschen einsetzen lässt, muss sich noch zeigen.

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