Snacks, Drogen, Geld und Smartphone

Informationen spielen für unser Gehirn in der selben Liga wie Fastfood, Drogen und Geld – und sie sind mit dem Smartphone ständig verfügbar. Das Smartphone als Entscheidungshelfer ist dabei nur eine Illusion.

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Keine Frage, das Smartphone ist nützlich. Es liefert mir jederzeit die Infos, die ich brauche: Wie ich nach Hause komme, wenn ich mal wieder meinen Anschluss-Zug verpasst habe. Es navigiert mich durch fremde Städte, verrät mir, ob ich dem Regen entkomme, wenn ich noch einen Kaffee trinke statt jetzt schon los zu gehen. Es unterhält mich in der U-Bahn und hilft mir bei der Pflege meiner Freundschaften.

Ach – Argumente für das wunderbar glatte Ding, gibt es mehr, als man aufzählen kann. Schlüssel vergessen? Ständig. Smartphone vergessen? Eigentlich noch nie… Es hilft, gezielte Entscheidungen zu treffen – bilden wir uns ein.

Was es tatsächlich tut, ist unsere Neugierde und den Bedarf an Neuigkeiten auszunutzen. Es macht uns zu News-Junkies. Die Neuigkeiten, die uns erwarten, wenn wir die schwarze Oberfläche zum Leben erwecken, sind es, auf die unser Gehirn aus ist. Es will neue Emails, neue Posts, neues Wissen und das alles nur um der Neuigkeit willen. Das ist aber leider genau das Gegenteil von Entscheidungshilfe.

Dass die kleinen Computer süchtig machen (können) wissen wir schon lange. Dopamin ist der Zauberstoff, von dem wir nicht genug kriegen können. Forscher der University of California haben jetzt bewiesen, dass es tatsächlich eine Verbindung zwischen Informationen und unserem internen Belohnungssystem gibt. Der Inhalt der Information ist dabei nebensächlich. Die Info selbst ist der Wert, den unser Gehirn mit Glückshormonen belohnt.

Der Neuroökonom Ming Hsu hat seine Ergebnisse in Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht und vergleicht die Informationen, die wir über das Smartphone erhalten, mit Junkfood. Unser Gehirn liebt seine wertlosen Kalorien und neigt dazu, Informationen zu überbewerten, die uns das Junkfood-Gefühl vermitteln. Das Dopaminsystem springt an, wenn wir essen, wenn wir Drogen nehmen oder Geld erhalten. Striatum und präfrontaler Cortex sind die Hirnregionen, die im MRT aufleuchten wie Weihnachtsbäume, wenn wir uns mit Geld beschäftigen – mit Geld, das wir bekommen werden oder könnten.

Und genau diese Regionen des Gehirns leuchteten bei den 37 Probanden auf, als die Forscher den Probanden in einem Spiel Informationen angeboten haben, die ihnen zu einem Lotteriegewinn verhelfen könnten. Je höher der potentielle Gewinn, desto eher verloren sich die Spieler in der Infoflut, die ihnen angeboten wurde – selbst wenn die Informationen gar nicht relevant für den Gewinn waren. Geld und Infos spielen in derselben Glücksliga und ziehen uns in einen Strudel, aus dem nur eiserne Selbstdisziplin heraushilft. Oder ein leerer Akku.

Haben Sie gerade eine Hand frei für die eigene Nase? Oder müssen Sie weiter wischen und tippen? Ich habe eben auch schnell noch mal mein Telefon bewegt, bevor ich es in die Tasche gesteckt habe – nur um kurz nach zu sehen, ob jemand versucht hat mich zu erreichen oder ob eine Breaking-News eingegangen ist. Bevor ich gehe, werde ich auch noch mal schnell schauen. Nur ganz kurz. Mein Gehirn freut sich schon darauf.

(jsc)