Bit-Rauschen: Spekulationen um Intels Chip-Fertigung

Intel könnte bald wieder umsatzstärkster Chip-Hersteller der Welt sein. Nach Regionen betrachtet führen die USA den Chip-Markt an, Europa teilt sich einen hinteren Platz mit einem kleinen Land.

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Bit-Rauschen: Spekulationen um Intels Chip-Fertigung
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Der Raspberry Pi wird erwachsen: Der neue Raspi 4 hat endlich schnelle Schnittstellen und viel mehr RAM. Das dürfte den Markt der Einplatinencomputer erheblich durcheinanderwürfeln: Viele Raspi-Konkurrenten schwächeln bei Treibern oder Dokumentation und waren nur deshalb erfolgreich, weil sie beispielsweise dank mehr RAM oder USB 3.0 manche Projekte überhaupt erst ermöglichten. Solche Vorteile schmelzen jetzt dahin (siehe Test des Raspi 4).

Mobilprozessoren im Aktenkoffer: Vom israelischen CPU-Entwicklerteam stammen die „Sunny Cove“-Prozessorkerne für Ice Lake. Vorne im Bild die besonders winzigen Versionen für flache Notebooks.

Intel dürfte ganz neidisch sein auf die Raspberry Pi Foundation, denn ein dermaßen heiß erwartetes Produkt fehlt dem Prozessor-Champion derzeit. Freunde kann man sich eben nicht kaufen. Zwar verdient Intel weiterhin Milliarden, tut sich aber weiter schwer mit der nächsten Prozessorgeneration. In Israel zeigte man einer Gruppe europäischer Journalisten sowohl die wichtige Entwicklungsabteilung Israel Development Center (IDC) in Haifa als auch die Chip-Fab 28 in Kiryat Gat. Muster der kommenden 10-Nanometer-Prozessoren „Ice Lake“ waren ebenfalls zu bestaunen – sind aber noch immer nicht im Handel beziehungsweise in Notebooks erhältlich. Und selbst wenn: Dermaßen viel Begeisterung wie der Raspberry Pi 4 in seiner Bastlergemeinde dürften Intels erste voll funktionsfähige 10-nm-Mobilprozessoren kaum auslösen.

Außerdem ist zu hören, dass Intel 14-Nanometer-Chips bei Samsung fertigen lassen möchte. Die koreanische „Seoul Economy Daily“ meldet, dass es um die für 2021 geplanten „Rocket Lake“-Prozessoren geht – aber offiziell ist das nicht. Vielleicht will Intel auch nur Chipsätze zukaufen oder einzelne Chiplets, die man mit anderen zusammen mit der hauseigenen „Foveros“-Technik zu Kombiprozessoren verbindet. Möglich ist auch, dass Intel nicht etwa profitable Rocket Lakes, sondern Billigprozessoren der Serie Gemini Lake Refresh auslagern will, um mehr Produktionskapazität zu schaffen. Denn auch wenn der Umsatz 2019 etwas schrumpfen soll: Für die Xe-Grafikprozessoren wird Intel 2020 viel Fertigungskapazität benötigen.

Bekannt ist, dass Intel in den nächsten Jahren mehr als 11 Milliarden US-Dollar in die Erweiterung mehrerer bestehender Chip-Fabs stecken will. Angeblich ist noch nicht entschieden, wo der Löwenanteil des Geldes landen soll – in Phoenix/Arizona, im irischen Leixlip oder in Kiryat Gat. Die israelische Regierung hat jedenfalls erhebliche Subventionen zugesichert, ist Intel dort doch einer der größten ausländischen Investoren und beschäftigt fast 13.000 Menschen. Ein erheblicher Teil davon kam durch Zukäufe hinzu, etwa die Mitarbeiter der KI-Firmen Mobileye und Nervana.

Trotz sinkender Umsätze könnte Intel 2019 wieder zur Nummer 1 der Chipfirmen aufsteigen – weil Samsung schwächelt. Samsung kam in den vergangenen Jahren vor allem dank der hohen DRAM-Preise an die Spitze, aber jetzt fallen die Preise, auch bei Flash-Speicher. Deshalb investiert Samsung Milliarden (wie an dieser Stelle bereits berichtet), um Prozessoren und andere Chips mit geringeren Preisschwankungen zu fertigen. Da käme ein Intel-Auftrag gerade recht.

Den Löwenanteil der Chip-Umsätze streichen weiterhin US-amerikanische Firmen ein, wenn man reine Auftragsfertiger wie TSMC, Globalfoundries und UMC nicht mitrechnet. US-Chiphersteller wie Intel, Micron, Qualcomm, ON Semi, AMD und Nvidia erzielten 2018 rund 52 Prozent der weltweiten Umsätze. Auf Platz zwei folgt Korea (27 Prozent) dank der Giganten Samsung und SK Hynix. Dritter ist Japan (7 Prozent), dicht gefolgt von Taiwan und Europa mit je 6 Prozent – die Volksrepublik China schafft nur die Hälfte.

Von den fetten Umsätzen kann man gute Gehälter zahlen, zumindest für das Spitzenpersonal. AMD hat sich die Dienste von Bradley (Brad) McCredie gesichert, der bisher die Power-Entwicklung bei IBM leitete und auch die OpenPower Foundation. Laut LinkedIn wollte er sich eigentlich in den Ruhestand verabschieden – doch es gibt wohl Angebote, die man kaum ablehnen kann. Intel heuerte unterdessen den Branchenveteran John Sell als neuen Chef-Architekt für Chip-Sicherheit an, er steigt gleich als „Fellow“ ein. Er war um 1990 Chief PowerPC Architect bei Apple, davor Mitgründer des RISC-Pioniers Ridge Computers und danach bei AMD CPU- und GPU-Architekt. Zuletzt arbeitete er 14 Jahre bei Microsoft als Distinguished Engineer und Xbox-Architekt – mit einer solchen Biografie lässt sich eine Rente schon um ein paar Millionen in Aktien-Optionen aufpolieren.

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Dieser Artikel stammt aus c't 15/2019. (ciw)