Forschungsministerin will neue KI-Professoren aus dem Ausland anlocken

Anja Karliczek hat auf der "Plattform Lernende Systeme" extrem zuverlässige KI-Prozesse gefordert.

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Forschungsministerin will neue KI-Professoren aus dem Ausland anlocken
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Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat erläutert, wie einige der von der Bundesregierung geplanten 100 neuen Professuren für Künstliche Intelligenz mit Schwerpunkten wie maschinelles Lernen oder neuronale Netzwerke an deutschen Hochschulen besetzt werden sollen. Über die "Alexander von Humboldt"-Stiftung könnten gezielt KI-Größen aus dem Ausland gewonnen werden. Diese unterhält ein Netzwerk von weltweit über 29.000 Humboldtianern aller Fachgebiete in mehr als 140 Staaten.

Das Forschungsressort gehe nun den Weg über die Stiftung, um "langwierige Debatten" mit den eigentlich für die Lehre hauptsächlich zuständigen Bundesländern zu vermeiden, erklärte Karliczek am Mittwoch auf der Jahreskonferenz der von ihr 2017 ins Leben gerufenen "Plattform Lernende Systeme" (PLS) in Berlin. Es solle auch darum gehen, international KI-Nachwuchswissenschaftler anzusprechen.

"Wir brauchen extrem zuverlässige und vertrauenswürdige KI-Prozesse", betonte Karliczek. Die Plattform solle dabei helfen, KI rechtlich und ethisch im Sinne der Menschen zu nutzen. Diese stünden im Mittelpunkt und müssten die "Letztentscheider" sein. Dies sei wichtig, da KI auch in der Lage sei, "uns zu dominieren und uns zu entscheiden". Dies sei etwa in China zu sehen.

Es werde keine Sprunginnovation mehr geben, die nicht durch Künstliche Intelligenz "befeuert wird", meinte der PLS-Vorsitzende Karl-Heinz Streibich. Das "alles bestimmende Thema Umweltverträglichkeit" zum Beispiel werde die Menschheit nur bewältigen, "wenn wir intelligente, assistierende KI-Systeme haben", die Komplexität und Entscheidungshilfen besser beherrschten. Die "emotionale Akzeptanz" relevanter Anwendungen müsse aber gegeben sein, sonst drohe ein neues "Genmais-Desaster".

Für "KI made in Germany", wie sie die PLS im Sinne der Regierungsstrategie vorantreiben soll, sieht Streibich im Business-to-Business-Bereich (B2B) gute Voraussetzungen. Die hiesige Wirtschaft sitze hier mit all den maschinellen Daten, die industrielle Sensoren lieferten, "an der Quelle". Die Zukunft gehöre in diesem Sektor nicht isolierten, proprietären Plattformen wie im Konsumentengeschäft, sondern partnerschaftlichen Ökosystemen.

Max Lemke, KI-Experte der EU-Kommission, wandte hier ein: "Wir besitzen zwar Industriedaten, aber bei Cloud-Plattformen sind wir ganz schlecht aufgestellt". Nötig seien daher gemeinsame Datenräume. In einem ersten Schritt wolle die Kommission demnächst über 50 Millionen Euro in KI für den Bereich Handwerk stecken. Holger Hoos forderte im Namen der europäischen KI-Forschungsallianz Claire mehr Engagement der Politik ein.

Wilhelm Bauer vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) appellierte auf der Konferenz, dass KI sehr wohl auch Menschen ersetzen dürfe. Dies beziehe sich "gerade auf gefährliche und nicht so schöne Arbeiten". "Wir brauchen KI, um in Zukunft weiter zu automatisieren" und die Produktivität weiterzubringen. "In Japan stehen 75-jährige Menschen am Hoteltresen, das werden wir auch tun dürfen oder müssen, wenn KI nicht auch einen Teil unserer Arbeit übernimmt."

Susanne Beck von der Uni Hannover warnte, dass Algorithmen Entscheidungen auf Basis statistischer Korrelationen träfen und dabei hauptsächlich auf Daten im Internet zurückgriffen. Darin bestehende Vorurteile würden so übernommen. "Wir müssen neu festlegen, was überhaupt diskriminierende oder notwendige Entscheidungskriterien sind". Ziel sollte es sein, von KI-Systemen gerecht behandelt zu werden. Betroffene müssten dazu ihre Rechte auch verteidigen können. (anw)