Tierbeobachtung aus dem All: Icarus wird endlich angeschaltet

Nach monatelanger Verzögerung wegen Unstimmigkeiten hinter den Kulissen soll es für Icarus nun endlich losgehen. Ziel ist die Beobachtung Tausender Tiere.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 37 Kommentare lesen
Tierbeobachtung aus dem All: Icarus wird endlich angeschaltet

Martin Wikelski vom Max-Planck-Institut für Ornithologie mit einem Weißstorch, der einen Icarus-Sender trägt.

(Bild: Max-Planck-Institut für Ornithologie/MaxCine)

Lesezeit: 3 Min.

Mit deutlicher Verspätung soll das deutsch-russische weltraumgestützte Tierbeobachtungssystem ICARUS am heutigen Mittwoch endlich in Betrieb genommen werden. Danach soll das System für mehrere Monate getestet werden und den Wissenschaftlern dann ab Herbst oder Winter 2019 zur Verfügung stehen, teilte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit. Die für das Projekt nötige Antenne war bereits im August 2018 an der Internationalen Raumstation ISS montiert worden. Dann geschah aber über Monate hinweg nichts und erst jetzt wurden wohl alle Unstimmigkeiten zwischen den Verantwortlichen ausgeräumt.

Im Rahmen von Icarus (International Cooperation for Animal Research Using Space) wollen die Forscher Bewegungen von unzähligen einzelnen Tieren auf der Erde genau erfassen. Dazu werden diese mit daumennagelgroßen Mini-Sendern ausstatten, die regelmäßig die ISS kontaktieren und ihre Daten übermitteln. Die nur fünf Gramm schweren Geräte können GPS-Signale empfangen und enthalten Sensoren für Temperatur, Geschwindigkeit sowie Magnetfelder. Davon erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschluss etwa über Wanderungen von Zugvögeln, was zum Artenschutz beitragen soll. Zudem soll Icarus in der Zukunft als Frühwarnsystem etwa für Naturkatastrophen wie Erdbeben und Vulkanausbrüche dienen.

Die Sender sollen sich automatisch aktivieren, wenn die ISS in Reichweite ist und diese dann anfunken. Von dort werden sie an eine Bodenstation geschickt und an die Forscher weiter verteilt. Unter anderem landen die Daten in der für jeden frei zugänglichen Datenbank namens Movebank. Dafür müssen große Datenmengen über die Raumstation geschleust werden, was nun getestet werden soll. Dafür würden nun künstliche Signale simuliert, erklärt das DLR. Echte Daten werden vorerst nur von einigen Dutzend Amseln kommen, die bereits mit den Sendern ausgestattet sind.

Verantwortlich für die massive Verspätung waren offenbar große Unstimmigkeiten zwischen den für das Projekt verantwortlichen Partnern des DLR und der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos. Wie Spiegel online im April berichtet hatte, war wohl eine – wenn auch nur geringe – Beteiligung der Universität der Bundeswehr auf russischen Unmut gestoßen. Die Kooperation wurde demnach beendet, außerdem habe es viele Gespräche gegeben. Außerdem hätten die Daten ursprünglich nur in der offenen Datenbank Movebank landen sollen, die aber in Deutschland beheimatet ist. Nun sollen die Informationen auch in russische Systeme eingespeist werden.

Während die deutschen Partner auf dem wissenschaftlichen Charakter der Mission bestanden hätten, habe es in Russland auch großes Interesse an einer Kommerzialisierung gegeben. Denn außer Tieren ließen sich damit auch andere Objekte in großer Zahl verfolgen, etwa Eisenbahnwaggons oder Container. Nun solle es zumindest Gespräche über kommerzielle Nutzungen geben, hatte das Nachrichtenmagazin berichtet. Eine militärische oder polizeiliche Nutzung sei aber im Kooperationsvertrag ausgeschlossen worden. (mho)