Österreichs Petaflops-Rechner nimmt Betrieb auf

In der Top500-Liste kam er schon in der Testphase, nun steht der Vienna Scientific Cluster 4 den Wissenschaftlern und Studenten zur Verfügung.

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Österreichs Petaflops-Rechner nimmt Betrieb auf

(Bild: Alexander Gigl/EDV-Design Informationstechnologie GmbH)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Stiller
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Nun ist er offiziell in Betrieb genommen worden,Österreichs neuer Supercomputer Vienna Scientific Cluster VSC-4 in Wien. Aber seine Endabnahme steht noch aus, die ist erst für den Spätherbst vorgesehen – wenn alles glatt läuft.

Doch jetzt wurde schon mal gefeiert. "Mit dem VSC-4 ist sichergestellt, dass die Forschung am Wissenschaftsstandort Österreich im Bereich High-Performance-Computing auch in Zukunft einen internationalen Spitzenplatz einnehmen kann", erklärte die Bundesministerin Iris Rauskala.

Standort des Vienna Scientific Cluster ist die TU Wien, es handelt sich aber um ein Gemeinschaftsprojekt von gleich fünf österreichischen Universitäten: TU Wien, Universität Wien, Universität für Bodenkultur Wien, TU Graz und Universität Innsbruck. Das Projekt wurde dabei finanziell maßgeblich durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung unterstützt.

Wie auch seine Vorgänger konnte sich der VSC-4 schon in der Testphase weiter vorne in der Top500-Liste der Supercomputer platzieren, mit 2,73 PFlops im Linpack-Benchmark auf Platz 82.Das von Lenovo wie beim SuperMUC im Leibniz-Rechenzentrum mit inzwischen bewährter Warmwasserkühlung aufgebaute SystemThinksystem SD 650 beherbergt 1580 Intel Skylake-Prozessoren der Oberklasse: Xeon Platinum 8174 mit 24 Kernen, jeweils zu zweit in einem Knoten.

Das warmwassergekühlte Lenovo Thinksystem SD650 mit vielen hübschen Kupferleitungen ist ein inzwischen erheblich weiterentwickeltes "Erbstück" von IBM.

(Bild: Lenovo)

Als Uni-Universalrechner verzichtet er auf GPUs oder andere Beschleuniger, sondern setzt allein auf leichter zu handhabende CPUs. Schließlich soll er in einer Vielzahl ganz unterschiedlicher Forschungsbereiche genutzt werden. Für Simulationen des frühen Universums kurz nach dem Urknall wird der Supercomputer genauso eingesetzt werden, wie für Bioinformatik oder medizinische Simulationen.

Quantenphysikalische Berechnungen für die Entwicklung neuer Materialien spielen genauso eine Rolle wie Modelle zum optimalen Management öffentlicher Verkehrsmittel. Und als Uni-Rechner muss er auch viel "Einmalsoftware" von Studenten und Doktoranden out-of-the Box zügig bewältigen können, für die sich hoher Optimierungsaufwand nicht lohnt.

Mit dem VSC-4 kehrt die Uni-Gemeinschaft wieder zu einem klassisch warmwassergekühlten System zurück, nachdem man sich mit dem Vorgänger VSC-3 waagemutig auf das neue Terrain des "Immersion Cooling" gewagt hatte, wo die Rechnerknoten komplett in Tanks mit einem speziellen Kühlmittel versenkt sind. Das hatte sich für so ein großes System mit fast 600 TFlops Linpack-Leistung noch niemand vorher getraut. Eine hohe Effizienz und ein beeindruckender POE-Wert von 1,02 versprachen viel, aber der Betrieb des zuweilen scherzhaft als "Fritteuse" bezeichneten Systems erwies sich wegen diverser Leckagen als nicht ganz unproblematisch; zum einen wegen der Verschmutzung der Räume und natürlich auch wegen der immensen Kosten.

Das Kühlmittel vermarktet die "Tankfirma" Green Cooling als "ElectroSafe Fluid", wohinter sich irgendein Paraffinöl verbergen soll. Das dürfte immerhin etwas günstiger sein als das ansonsten für solche Kühlung gern eingesetzte Fluoroketon Novec 649 von 3M, das pro Liter (in kleineren Mengen) mit etwa 70 Euro zu Buche schlägt – und der VSC-3 hatte für seine 2020 Knoten über 30.000 Liter in den Tanks. Und zum Schluß ging dann auch noch Anfang dieses Jahres der niederländische Hersteller Clustervision pleite.

Wie Prof. Störi von der TU Wien mitteilte, läuft der VSC-3 weiterhin stabil und effizient. Er soll auch erst 2021 abgeschaltet werden, was dann mit insgesamt 7Jahren Laufzeit einen sehr hohen Ausnutzungsgrad bedeutet. Der diesjährige Bankrott von Clustervision hatte sich nicht dramatisch ausgewirkt, da der Wartungsvertrag vorher ausgelaufen war. Sollte sich mal ein einzelner Knoten nicht auf einfache Weise reparieren lassen, wird er eben abgeschaltet und übliche Reparaturen kann das Rechenzentrum selber ausführen, notfalls kauft man ein paar DRAMs auf eBay...

(as)