Eine Frage der Einstellung

Lee McIntyre geht dem Wesen der Wissenschaft philosophisch nach und grenzt es gegen Irrwege ab.

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Was macht Wissenschaft aus? Wann ist sie gut, echt, verlogen, pseudo und wann einfach nur schlecht? Diese philosophische Frage um Missverständnisse und Ansprüche beleuchtet Lee McIntyre mit "The Scientific Attitude" detailliert. In einer überinformierten Welt, in der die Grenzen der Wahrheit zunehmend verschwimmen, ist es wichtig, genau zu definieren, worin das Wesen der Wissenschaft liegt. Dabei zäumt McIntyre das Pferd von hinten auf: Er analysiert nicht die großen, gesicherten Erfolge der Wissenschaft und sucht die Gemeinsamkeiten – die dann zwangsläufig das Wesen der Wissenschaft enthalten müssten. Sein Weg führt ihn über die Suche jenseits der Erfolge, dorthin, wo es eben nicht klassisch wissenschaftlich zugeht.

Auf seinem Weg zur Erkenntnis räumt er mit dem einen oder anderen Mythos auf. Gleich zu Beginn fordert er seine Leser erfrischend direkt auf, ein altes Schulbuch zur Hand zu nehmen und (vermutlich als einziger Käufer dieses Buches) die erste Seite zu lesen. Dort geht es (fast immer) um die Methode und um den größten Irrtum im Verständnis von Wissenschaft: Wissenschaft ist nicht Methode. Wissenschaft ist Chaos, Spürsinn, das sind Fehlschläge, Sackgassen und eine gehörige Portion Glück. Erst retrospektiv betrachtet lässt sich die Methode darin erkennen. Das ist nur eines von vielen Beispielen, mit denen er zeigt, dass es keinen Einheitsweg gibt. Allerdings sind längst nicht alle Beispiele so griffig und führen letztlich immer wieder zum Ursprung: Wissenschaft ist eine Frage der Einstellung, der Attitüde. Für Nicht-Philosophen und Nicht-Wissenschaftler ist das ein sehr langer Weg; für Menschen, die sich der Forschung verschreiben wollen, fast wichtiger als das kleine Latinum.

Lee McIntyre, The Scientific Attitude, The MIT Press, 296 Seiten, 23,42 Euro (E-Book 19,91 Euro).

(jle)