"Ich wünschte, sie hätten bei mir mehr Elektroden eingesetzt"

Der Proband Nathan Copeland spricht über seine Erfahrungen mit seiner Gehirn-Computer-Schnittstelle und warum er über Elon Musks Modell begeistert ist.

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"Ich wünschte, sie hätten bei mir mehr Elektroden eingesetzt"

(Bild: University of Pittsburgh Medical Center)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Antonio Regalado

Das von Milliardär Elon Musk finanzierte Unternehmen Neuralink hat kürzlich eine Hirn-Computer-Schnittstelle vorgestellt, die es an Tieren getestet hatte. Der Prototyp ist über Dutzende dünne Drähte mit dem Gehirn verbunden und soll einmal klein genug sein, um in den Kopf implantiert werden zu können und von dort drahtlos zu übertragen. Um die Entwicklung einzuschätzen, hat Technology Review Nathan Copeland zu den Neuigkeiten von Neuralink befragt. Er ist einer der wenigen Menschen, der bereits eine andere funktionierende Schnittstelle hat. Er erhielt sie zehn Jahre nachdem bei einem Autounfall sein Rückenmark durchtrennt und er von der Brust abwärts gelähmt wurde.

Im Gegensatz zu Neuralinks Prototyp besteht Copelands System aus vier Elektrodenfeldern in seinem Gehirn. Die sogenannten Utah-Arrays sind über Sockel auf seinem Kopf mit der Außenwelt verbunden. Sie lassen ihn Roboter und Computer steuern, und sie übermitteln Empfindungen aus seinen Händen zurück an sein Gehirn. Seit 2014 ist Copeland Teil eines Forschungsprojekts an der University of Pittsburgh, das von den Forschern Michael Boninger und Andrew Schwartz geleitet wird.

Technology Review: Was halten Sie von Elon Musks Plänen für eine Gehirn-Computer-Schnittstelle?

Nathan Copeland: Das ist ziemlich cool. Es scheint, als würde es vielleicht irgendwann so funktionieren, wie sie es wollen, aber noch funktioniert es wohl nicht ganz so. Als ich vor ein paar Jahren hörte, dass er mit einer neuronalen Schnittstelle arbeitet, sagte ich, dass ich sofort dabei sein würde. Das war ein Scherz, aber es ist interessant, darüber nachzudenken, was ich tun werde, wenn meine Implantate entfernt werden. Meine fünf Jahre sind fast um. Dann müssen laut der [US-Zulassungsbehörde] FDA meine Implantate möglicherweise raus. Neuralink sprach über die Langlebigkeit des Implantats und auch über eine große Anzahl von Elektroden. Ich sage immer, ich wünschte, sie hätten bei mir mehr Elektroden eingesetzt.

Warum möchten Sie, dass mehr Elektroden eingesetzt werden?

Grundsätzlich gilt, je mehr Elektroden Sie haben, desto mehr Neuronenaktivität zeichnen Sie auf. Deshalb könnte ich mir vorstellen, dass schwierigere Aufgaben dann einfacher sind. Ich kann nur an meinen rechten Arm und meine rechte Hand denken. Ich dachte, es wäre gut, mehr Kontrolle zu haben. Ich möchte immer noch mehr Videospiele spielen.

Was würden Sie tun, wenn Sie Elon Musks Gehirnimplantat hätten?

Ich würde damit spielen. Ganz ehrlich, das würde ich tun. Ich habe es geliebt, Videospiele zu spielen, und ich schaffe es nicht mehr auf dem gleichen Niveau.

Auszüge der Präsentation von Neuralink (5 Bilder)

Die Elektroden-"Fäden" sollen die Neuronenaktivität aufnehmen.
(Bild: Neuralink)

Würden Sie sich melden, um das Musk-Implantat zu erhalten?

Das ist schwer zu beantworten. Ja und nein. Ich müsste ziemlich eingehend mit ihm oder seinem Team besprechen, was da los ist. Ich weiß, dass es einfach ist, etwas schicker oder fertiger aussehen zu lassen als es tatsächlich ist. Als ich mich seinerzeit gemeldet habe, war ich der erste Mensch, der Implantate im sensorischen Kortex hatte, auch wenn ich nicht der erste mit einem Utah-Array war. Es war bereits vorher getestet worden. Jetzt gibt es ungefähr 20 von uns, soweit ich weiß.

Wie riskant ist es Ihrer Meinung nach, eine Computer-Gehirn-Schnittstelle zu erhalten?

Ich gehe davon aus, dass das Risiko mit Neuralink wesentlich höher liegt. Wenn Sie Gehirnimplantate vergleichen, ist das Utah-Array meiner Meinung nach weniger riskant. Ich habe Sockel auf meinem Kopf, und ich muss Sorge tragen, dass sie sauber bleiben und dass sich die Haut darumherum zurückziehen könnte. Ein drahtloses Modell wäre in dieser Hinsicht zwar weniger riskant. Aber die Art und Weise, wie Neuralinks haarfeine und zahlreichen Elektroden platziert sind – wenn etwas schief geht und Sie sie entfernen lassen müssen, kann das sehr schwierig sein.

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Was halten Sie von Elon Musks Idee, dass Menschen freiwillig Gehirnimplantate erhalten sollten?

Ehrlich gesagt hätte ich mir vor meiner Verletzung eine gewünscht. Ich verstehe, warum sie nicht schon an diesem Punkt beginnen können, aber ich denke, es wäre cool, wenn es in Zukunft so wäre. Momentan denke ich, dass gelähmte Menschen im Grunde genommen die Testpiloten sind. Die FDA möchte nicht, dass Gesunden etwas in den Kopf implantiert wird, weil Sie das Einsetzen der Elektroden in Ihrem motorischen Kortex Körperfunktionen schädigen könnte. Deshalb bilden Menschen den Ausgangspunkt, die bereits Funktion verloren haben. Die Technologie könnte unter sehr unterschiedlichen Bedingungen eine große Hilfe sein und neue Dinge ermöglichen.

Was hat Sie am meisten bei der Neuralink-Präsentation begeistert?

Ich fand sie wirklich cool, und für einen Moment war ich vielleicht irgendwie eifersüchtig auf die Person, der das Implantat mal eingesetzt wird. Vorausgesetzt das System funktioniert und die Person darf all die coolen Sachen machen und wird der neue "Rockstar der BCI-Welt" werden. Wenn alles klappt, wird es die Welt definitiv verändern und wie wir über diese Dinge denken.

(vsz)