Intel reicht 5G-Modem-Sparte an Apple weiter

Glückwunsch, Sie haben am meisten für etwas geboten, das der Vorbesitzer nicht mehr haben wollte – Gewinner von Online-Auktionen kennen diesen spöttischen Spruch nur zu gut. Apples Ausgangslage nach dem Kauf von Intels 5G-Modem-Sparte weist Ähnlichkeiten auf.

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Apple

(Bild: dpa, Andreas Gebert/Archiv)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

Nach langen Verhandlungen übernimmt Apple die Mehrheit an Intels Sparte für 5G-Mobilfunkmodems. Das haben die beiden Unternehmen Ende Juli bekanntgegeben. Wie hoch Apples Anteil genau sein wird, ist offen. Der Konzern zahlt eine Milliarde US-Dollar und übernimmt etwa 2200 Mitarbeiter sowie zahlreiche Patente von Intel.

Laut Mitteilung wächst der Patentstapel des iPhone-Herstellers damit auf über 17.000 Einträge für Funktechnik, eigene und von Intel übernommene zusammengerechnet. Die Übernahme soll noch vor Jahresende erfolgen.

Damit dürfte die Freude des weltweit führenden 5G-Modemherstellers Qualcomm unverhofft enden. Apple hatte Qualcomm erst im April 2019 erneut als Modemzulieferer gewählt, nachdem der eigentlich gedachte Lieferant Intel den Zeitplan nicht halten konnte und Apple ohne Modems für die neue 5G-Mobilfunktechnik dastand.

Zuvor hatten der iPhone-Hersteller und Qualcomm jahrelang eine Fehde um ungerechtfertigte Preise und Patentverletzungen ausgetragen. Mit der Einigung im April tilgte Apple seine Schulden bei Qualcomm und schloss eine Patentvereinbarung für sechs Jahre ab.

Das dürfte ein kluger Schachzug gewesen sein, denn Apple hatte Qualcomm auch vorgeworfen, dem Mitbewerber Intel Patentlizenzen verweigert zu haben. Die hatte letztlich Apple benötigt, um iPhones mit Intel-Modems zu bestücken. Nun kann Apple seine Patentlizenzen für die bald eigene 5G-Modemsparte nutzen.

Intel verlor nach Apples Einigung seinen wichtigsten Mobilfunk-Kunden an Qualcomm und hatte umgehend angekündigt, die Entwicklung einzustellen.

Qualcomm kanns – Apple bald auch? Alex Katouzian präsentiert die 5G-Plattform des Chip-Herstellers.

Nun behält der Chip-Hersteller das Geschäft mit LTE-Mobilfunkmodems und darf auch künftig neue Modems herausbringen, sofern sie nicht für Smartphones gedacht sind. Intel kann also weiterhin Modems für das Internet der Dinge, autonome Fahrzeuge oder klassische PCs entwickeln.

Zugleich hat der Konzern seine Geschäftszahlen für das zweite Quartal bekanntgegeben. Der Umsatz nahm im Jahresabstand um drei Prozent auf 16,5 Milliarden US-Dollar ab und der Betriebsgewinn schrumpfte um zwölf Prozent auf 4,6 Milliarden Dollar. Der Reingewinn beträgt 4,2 Milliarden Dollar (minus 17 Prozent).

Der Umsatz liegt jedoch um 900 Millionen Dollar höher als Intel im April erwartet hatte. Vermutlich deshalb, aber auch weil Intel seine 5G-Modemsparte losschlug, stieg der Aktienkurs im nachbörslichen Handel um mehr als fünf Prozent.

Dazu kann man Intel beglückwünschen, denn Qualcomm, Huawei, Samsung oder MediaTek haben bereits fertige 5G-Modems in der Hand, während Intels Mobilfunksparte, die seit 2015 an der 5G-Technik arbeitet, die Liefertermine seiner 5G-Modems mehrmals verschob und zuletzt bei 2020 gelandet war.

Deshalb mag es auf den ersten Blick verwundern, dass Apple eine Abteilung übernimmt, der der 5G-Zug eigentlich schon davongefahren war. Auch arbeitet der Smartphone-Konzern schon selbst an eigenen 5G-Chips.

Aber Intels Modem-Abteilung bekommt bei Apple nun genau die Fristverlängerung, die sie braucht, und dürfte Apples eigene 5G-Arbeiten beschleunigen. Dass sie wertige Modems liefern kann, hat sie bereits mit 4G-Bausteinen belegt.

Dennoch hat sich Apple gegen etwaige Fehlschläge durch den Vertrag mit Qualcomm abgesichert. Es gilt als sicher, dass die ersten 5G-iPhones mit Bausteinen von Qualcomm bestückt werden. Und der Übergang zu 5G-Chips aus hauseigener Fertigung dürfte in mehreren Phasen erfolgen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf eine ungenannte Quelle, dass Apple erst ab 2021 mit 5G-Modems aus eigenem Hause rechnet.


Dieser Beitrag stammt aus c't 17/2019 (dz)