Der Futurist: Good dog, bad cop

Was wäre, wenn Roboter auf Streife gingen?

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Der Futurist: Good dog, bad cop

(Bild: Mario Wagner)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jens Lubbadeh

"Das ist nicht dein Ernst!" David schüttelte den Kopf, er konnte ein Lachen nicht unterdrücken.

Vor ihm stand sein alter Schulfreund Martin, wie immer in Polizeiuniform. Doch in der Miene des sonst so selbstbewussten Mannes standen Verlegenheit und Scham.

"Das ist einer der Robocops? Von denen alle seit Monaten reden? Der Robocop ist ein Robodog?"

Neben Martins rechtem Fuß stand etwas, das auf den ersten Blick aussah wie ein Rauhaardackel. Doch etwas passte nicht ganz ins Bild: Die Augen des Tiers blickten ein wenig zu starr, und auch die Bewegungen waren eine Spur zu eckig. Beides verriet, dass dies kein echter Hund war.

"Ich komme mir einfach nur verarscht vor, David", sagte Martin mit bitterer Stimme. "Wir alle fühlen uns verarscht. Seit Jahren kämpft unsere Polizeigewerkschaft für mehr Personal. Erst hieß es, dafür sei kein Geld da, sondern allenfalls für Roboter. Und dann bekommen wir auch noch das… Robodackel! Warum nicht wenigstens einen Schäferhund?"

Der Futurist

(Bild: 

Mario Wagner

)

"Was wäre, wenn ...": TR-Autor Jens Lubbadeh und die Redaktion lassen in der Science Fiction-Rubrik der Kreativität ihren freien Lauf und denken technologische Entwicklungen in kurzen Storys weiter.

Als hätte er verstanden, dass die Rede von ihm war, blickte der Robodackel auf. Er fixierte David, und der fragte sich, was wohl gerade in diesem elektronischen Gehirn vor sich gehen mochte.

"Er sieht eigentlich ganz niedlich aus", sagte David. Die Designer hatten sich Mühe gegeben, den Roboter so sympathisch wirken zu lassen wie das lebende Vorbild – sogar den leicht watscheligen Dackelgang hatten sie übernommen. Nur mit der permanent heraushängenden Zunge hatten sie es etwas übertrieben.

"Es hieß, die Politiker hätten große Angst gehabt, dass die Roboter den Leuten Angst machen könnten", sagte Martin. "Was wir von ihnen halten, wollte natürlich wieder keiner wissen. Aber die werden schon sehen, was sie davon haben! Wir werden einfach good cop, bad cop spielen", verriet Martin.

"Lass mich raten", sagte David. "Du bist der good cop?"

Martin grinste. "Die Leute werden die Robo-Bellos schneller überhaben, als du wuff sagen kannst."

In den kommenden Wochen beobachtete David immer häufiger, wie Polizeibeamte zu Bürgern einen bestimmten Satz sagten: "…oder möchten Sie das lieber mit dem Robodog ausdiskutieren?"

Danach folgte ein bedrohliches Grollen aus dem Maul des Robodackels, dazu fletschte er die metallenen Zähne, was in Kombination mit der permanent heraushängenden Zunge einigermaßen seltsam aussah. Eigentlich erkannte die KI des Hundes menschliche Mimik treffsicher und reagierte angemessen. Aber per Knopfdruck konnten die Polizisten den Drohmodus aktivieren, eine Notfallfunktion.

In den kommenden Wochen sah David seinen Freund Martin immer seltener, was ihn wunderte. Hatten die Roboter die Polizisten nicht entlasten sollen? Er beschloss, ihn bei der Arbeit zu besuchen. Im Polizeipräsidium fand er Martin schließlich in einer großen Halle im Untergeschoss. Dutzende Robodackel waren in der Halle, die meisten hingen an Steckdosen. Martin und andere Polizisten hechteten mit einem Laptop von Hund zu Hund und stöpselten jeden einzeln an.

"Martin, hast du nicht Streifendienst?", fragte David verwundert.

"Äh, nein, ich hab Update- und Ladedienst."

Sein Freund war sichtlich verlegen.

"Aber...", David senkte die Stimme, "was ist mit eurem Plan?"

Martin schnaubte.

"Gegen die Dackel hatten wir keine Chance. Sie waren einfach zu beliebt. Mittlerweile gehen sie allein auf Streife. Wir kommen nur noch dann raus, wenn es gefährlich wird. Dann sollen wir für die Robodogs den Kopf hinhalten. Ich schätze, jetzt sind wir die bad cops."

(jlu)