Partner suchen mit künstlicher Intelligenz
Unterstützung bei der Partnersuche im Internet ist längst ein Milliarden-Geschäft. Ein Start-up will die Erfahrung dabei jetzt mit einem intelligenten Sprachassistenten angenehmer und effektiver machen.
(Bild: oatawa/Shutterstock.com)
- Tanya Basu
Die Kunst der Partnervermittlung war traditionell bei Großmüttern, Freunden, Eltern und manchmal sogar völlig Fremden angesiedelt, bis sie in neuerer Zeit von Dating-Apps und Algorithmen übernommen wurde. Kevin Teman will diese Entwicklung noch eine Stufe weiter treiben.
Der Gründer des Start-ups AIMM in Denver hat eine App entwickelt, die mögliche Partner nur auf der Grundlage von dem zusammenbringen soll, was sie zu einer KI mit britischem Akzent sagen. Um ein Profil anzulegen, müssen Nutzer mit der Software mit weiblicher Stimme sprechen. Dabei nennen sie ihr Traum-Zuhause, verraten, ob sie sich als "Katzenmensch" verstehen würden, und beschreiben, wie sie ihren Partner überraschen würden.
KI gibt Empfehlung für erstes Date
Auf den ersten Blick wirkt das nicht sehr anders als die übliche Mischung aus Bildern, Schreiben und Treffen bei modernen Online-Romanzen. Doch AIMM, kurz für Artificially Intelligent Matchmaker (künstlich intelligenter Partnervermittler), hat eine Besonderheit: Die KI begleitet Nutzer durch das erste Telefongespräch, gibt Empfehlungen für das erste Date und anschließend Feedback dazu.
"Es ist geführt", sagt Teman. "Sie erklären, dass Sie Ihr erstes Date hatten, und das System holt dann Informationen über die Chemie und Ihr Gefühl insgesamt ein. Wenn Sie positiv berichten, wird ein weiteres Treffen vereinbart. Wenn das Date nicht gut verlief, man die Person aber trotzdem mag, bekommen Sie den Rat, etwas Zeit vergehen zu lassen und Geduld zu haben."
Wenn die Anziehung nur einseitig ist, könnte die App Nutzern dazu raten weiterzuziehen – Teman besteht darauf, dass das sanft, sensibel und subtil geschieht. AIMM werde einem Mann also nicht direkt sagen, dass eine Frau ihn nicht mag,
Mit AIMM will Teman die Branche des Online-Dating mit ihrem Geschäftsvolumen von 5,2 Milliarden Dollar erobern. Dominiert wird sie derzeit von der im Besitz von IAC befindlichen Match Group, zu der unter anderem Match, Tinder, OKCupid und Plenty of Fish gehören. Anfangs galt Online-Partnersuche als merkwürdig, heute aber ist sie laut einer aktuellen Studie von Forschern an der Stanford University und der University of New Mexiko der der Normalfall. 2017 lernten sich fast 40 Prozent der heterosexuellen Paare online kennen, bei Homosexuellen lag der Anteil bei 65 Prozent.
Sprachassistenz beim Online-Datingdienst
In den vergangenen Jahren hat die Nutzung von Sprachtechnologie allgemein stark zugenommen – jeder fünfte Amerikaner besitzt inzwischen einen Sprachassistenten. Insgesamt werden davon 2,5 Milliarden Stück genutzt, und Experten halten eine Verdreifachung auf 8 Milliarden bis 2025 für möglich.
AIMM ist nicht der erste Anbieter, der Sprachtechnologie zur Grundlage eines Online-Datingdienstes macht. Im vergangenen Sommer gab Match eine Partnerschaft mit Google bekannt. Darin ging es um einen Chatbot namens Lara, der einmal pro Tag Profile aufruft und, wenn gegenseitiges Interesse besteht, Empfehlungen dazu gibt, wo man zusammen etwas trinken könnte, was man in die wichtige erste Textnachricht schreiben sollte und wie das zweite Date verlaufen kann.
AIMM kam laut Teman schon ein Jahr vor Lara heraus. Beiden Diensten gemeinsam ist die sanfte Ermutigung. Für Teman ist seine eigene App leichter zu nutzen – Lara erfordert ein Google Home-Gerät und die Match-App, während AIMM allein auf dem Smartphone läuft.
Beim Nutzerverhalten hinkt AIMM hinterher
Doch so modern und hochentwickelt AIMM auch sein mag, beim Nutzerverhalten scheint es seiner Zeit hinterher zu sein – und sogar sexistisch. Die App ist zum Beispiel so angelegt, dass Männer Frauen ansprechen, und nur der Mann bekommt von der KI Informationen und Vorschläge für das erste Date auf der Basis gemeinsamer Interessen. Das ist mindestens eine Lücke im Vergleich zu Konkurrenz-Apps wie Bumble (bei der Frauen den ersten Schritt machen müssen).
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Außerdem werden bei AIMM heterosexuelle Paare bevorzugt. Dies passt schlecht zu der erwähnten Studie, laut der Mitglieder der LGBTQ-Community viele eher Apps für Online-Dating nutzen. Teman räumt ein, dass das Grundkonzept von AIMM nicht sehr LGBTQ-freundlich ist. Inzwischen habe er aber zusätzliche Aspekte aufgenommen – "wenn Sie homosexuell sind, kann das System konkrete Fragen über Ihren Lebensstil stellen".
Ob AIMM funktioniert oder nicht und erst recht, ob der Dienst bessere Möglichkeiten bietet als andere Dating-Apps, ist noch offen. Bislang hat er mehrere Treffen arrangiert, sagt Teman – aber ein Paar habe sich darüber noch nicht gefunden. In den kommenden Monaten soll die Option eingeführt werden, die App zusammen mit einem menschlichen Vermittlungsdienst zu nutzen, bei dem persönliche Sitzungen den Prozess begleiten. "Wir wollen alles machen, was Nutzer das Gefühl, dass man sich um sie kümmert", sagt Teman. Derzeit würden Partnersuchende "in der Welt der Dating-Apps allein gelassen".
(sma)