16 Millionen US-Wähler werden auf hackbaren Maschinen abstimmen

Experten sind sich einig, dass Papierstimmzettel am sichersten wären. Trotzdem werden acht US-Staaten bei den Wahlen in 2020 papierlose Maschinen einsetzen.

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16 Millionen US-Wähler werden auf hackbaren Maschinen abstimmen

(Bild: Element5 Digital on Unsplash)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Patrick Howell O'Neill
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Trotz des offensichtlichen Risikos und jahrelanger Warnungen werden mindestens acht amerikanische Bundesstaaten und damit 16 Millionen US-Wähler 2020 bei den nächsten Präsidentschaftswahlen auf komplett papierlosen Maschinen abstimmen. Das geht aus einem neuen Bericht des Brennan Center for Justice der New York University hervor. Obwohl Experten für Cybersicherheit und nationale Sicherheit sich einig darüber sind, das Stimmzettel aus Papier und Wahlprüfungen notwendig sind, um die Sicherheit der nächsten US-Wahlen zu gewährleisten, werden die papierlosen Wahlmaschinen weiter genutzt. Der Bericht des Brennan-Zentrums verweist im Abschnitt "2016" auf die Untersuchung des Geheimdienstausschusses des Senats zur Einmischung Russlands, der ebenfalls Papierstimmzettel aus Gründer der Sicherheit und Verifizierung empfiehlt.

Immerhin das größte amerikanische Wahltechnologie-Unternehmen, Election Systems & Software (ES & S), hat Anfang des Jahres Konsequenzen aus früheren Warnungen gezogen und bekanntgegeben, dass es den Verkauf von papierlosen Wahlmaschinen einstellen werde. Unternehmenssprecherin Katina Granger forderte die gesamte Branche dazu auf, nachziehen. "Physische Papierunterlagen bildet die Grundlage für die Durchführung statistisch gültiger Wahlprüfungen durch alle Gerichtsbarkeiten", sagte Granger. "Wir glauben, dass die Forderung nach einem Papierbericht für jeden Wähler ein wertvoller Schritt für die Sicherung der Wahlen in Amerika wäre."

Stattdessen forderte Geschäftsführer Tom Burt in einem öffentlichen Brief physische Papierkopien für jede Stimmabgabe und, dass die Wahlmaschinen unter keinen Umständen eine Internetverbindung haben dürften. Darüber hinaus seien strenge Prüfungen der Technologie durch unabhängige Fachlabore notwendig. Andere Wahlmaschinen lesen per Hand ausgefüllte Papierstimmzettel ein. Das erlaubt im Zweifelsfall immer noch eine zusätzliche Handauszählung.

Einem 2016 veröffentlichten Bericht der Wharton School an der University of Pennsylvania zufolge deckt ES & S 44 Prozent der US-Wähler ab, gefolgt von Dominion Voting Systems mit 37 Prozent der Wähler ab und Hart InterCivic mit 11 Prozent. Beide verkaufen nach wie vor papierlose Wahlgeräte.

Die meisten US-Bundesstaaten, die 2020 vollständig papierlose Maschinen einsetzen wollen, sind historisch gesehen keine umkämpften Staaten, die sonst als wertvolle Ziele für Beeinflussungen mit größtmöglicher Wirkung gelten. Texas, Louisiana, Tennessee, Mississippi, Kansas, Indiana, Kentucky und New Jersey werden papierlose Maschinen einsetzen.

Einige dieser Staaten sind jedoch stärker umkämpft als gewöhnlich. Vor allem Texas wird immer violetter, eine Mischung aus den Parteifarben der Demokraten (blau) und der Republikaner (rot). 2016 lieferte sich der demokratische Senatskandidat Beto O’Rourke ein beeindruckendes Rennen mit dem Republikaner Ted Cruz. Kommt es zu weiteren engen Wahlergebnissen in Texas, wird sein Beharren auf papierlose Maschinen – das Ergebnis eines stockenden Gesetzgebungskampfs um die Wahlsicherheit – den Bundesstaat zu einem noch verlockenderen Ziel machen.

"Wenn es mein Ziel ist, erneut US-Wahlen zu stören, habe ich begrenzte Ressourcen. Ich kann nicht überall angreifen. Ich möchte mich auf Schlachtfeldstaaten konzentrieren, in denen selbst ein kleiner Vorstoß große Auswirkungen haben kann", sagt Dan Wallach, Informatikprofessor an der Rice University und Mitglied des Wahlausschusses für technische Leitlinien der US-Wahlunterstützungskommission.

Der demokratische Senator Ron Wyden, ein starker Befürworter von verbesserter Wahlsicherheit, hat sich wiederholt für Gesetze stark gemacht, die unter anderem auf föderaler Ebene Papierstimmzettel vorschreiben würden. Doch sämtliche Versuche wurden von Mitch McConnell, dem Mehrheitsführer des von Republikanern dominierten Senat, blockiert.

"Der Verkauf eines papierlosen Wahlgeräts ist wie der Verkauf eines Autos ohne Bremsen – etwas wird furchtbar schief gehen", sagt Wyden. "Es ist offensichtlich, dass Anbieter in Bezug auf die Sicherheit nicht selbst das Richtige tun werden. Deshalb muss der Kongress verbindliche Sicherheitsstandards für die Wahl festlegen, die papierlose Wahlmaschinen verbieten und jedem Amerikaner das Wahlrecht mit einem handgeschriebenen Stimmzettel garantieren. Experten sind sich einig, dass handgeschriebene Stimmzettel und Nachwahlprüfungen die beste Verteidigung gegen ausländische Hacker sind. Anbieter sollten das anerkennen oder Platz machen."

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Chris Krebs, der führende Cybersicherheitsbeamte des US-amerikanischen Heimatschutzministeriums, sagte Mitte August, dass für die Wahl in 2020 Reserve-Papierstimmzettel benötigt werden. Mehrere Kongressabgeordnete und Strafverfolgungsbeamte warnten wiederholt, dass ausländische Mächte bereitstünden, sich in die bevorstehenden amerikanischen Wahlen einzumischen.

Sicherheitsexperten sind sich einig, dass Papierstimmzettel und risikobegrenzende Prüfungen erforderlich sind, um Wahlen im 21. Jahrhundert abzusichern. Sinnbildlich für diesen Konsens ist ein Bericht der Nationalen Akademien für Wissenschaften, Ingenieurwissenschaften und Medizin aus dem Jahr 2018 mit dem Titel "Sicherung der Stimmabgabe: Schutz der amerikanischen Demokratie". Die Schlussfolgerungen: Wahlen erfordern von Menschen lesbare Stimmzettel und vorgeschriebene Wahlprüfungen, bevor die Wahlergebnisse zertifiziert werden.

(vsz)