Mein Freund und Kollege, die KI

"Ein ungleiches Duo erlebt ein Abenteuer" ist als Plot ein alter Hut. Der Autor Seth Fried fügt in seinem Roman "Der Metropolist" eine Figur als Supercomputer hinzu – und unterhält damit gut.

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Man könnte den Plot von "Der Metropolist" von Seth Fried als abgenudelt abtun: Hyper-korrekter Verwaltungsmitarbeiter bekommt einen chaotischen Kollegen an die Seite, in einem Abenteuer werden sie Freunde. Doch so einfach belässt es Fried nicht und stellt dem Streber Henry Thompson, Mitarbeiter beim Bundesamt für kommunale Infrastruktur (BKI), den Supercomputer OWEN an die Seite.

Und der ist alles andere als korrekt: Während Henry Regeln und Vorschriften liebt, liebt es OWEN sich über solche hinweg zu setzen. Die KI nutzt seinen Menschenkörper, um sich hemmunglos die Kante zu geben und sich die originellsten Outfits aufzuprojizieren. Seinen Geschmack und seine Vorstellung von der menschlichen Kommunikation hat der Computer dabei zu einem guten Teil aus den Unterhaltungen mit seinem "Vater" und Programmierer Klaus und dessen Leidenschaft für alte Gangsterfilme. Nichtsdestotrotz ist OWEN immer noch ein Computer und kann jederzeit auf riesigen Datenmenge zugreifen, um so zusammen mit Henry, der seine Vorlage in Sheldon Cooper, dem sozial-inkompetenten Nerd aus der Serie "Big Bang Theory", finden mag, voranzukommen.

Denn das ungleiche Paar soll nach einem Anschlag auf das BKI in der Megastadt Metropolis, den Verantwortlichen finden und zugleich ermitteln, wo Terence Kirklin, der Dienststellenleiter der Stadt, steckt. Fried lässt diese Jagd durch eine Stadtkulisse, die irgendwo zwischen der aus dem Film "Das fünfte Element" und "Demolition Man" angesiedelt ist, nicht ohne Witz und skurrile Situationen geschehen. Etwa wenn die KI OWEN eine Analyse von Museumsbesuchern macht und auf sich und Henry aus den gemittelten Daten eine geeignete Touristenverkleidung projiziert: ein kleinstädtisches frisch verheiratetes Ehepaar in Micky-Mouse-Sweatshirt und mit Baseball-Kappe.

Fried hat mit seiner High-Tech-Buddygeschichte, seinem ersten Roman, eine kurzweilige Unterhaltungslektüre geschaffen. Die zwei Haupt-Charaktere lernt man im Verlauf vielleicht nicht lieben, folgt ihnen aber doch neugierig durch Metropolis. Einziges Manko: Eine genau ausgearbeitete Zukunftsvision darf man bei der Geschichte nicht erwarten. Zwar erfährt der Leser, dass Henry 1988 geboren und in den 30ern ist, aber dass es sich um eine alternative Zukunftsentwicklung handelt, wird nicht so recht hervorgehoben. Dafür wird vielmehr die Frage in den Fokus gerückt, wer eigentlich in Städten leben darf.

Seth Fried: "Der Metropolist". Heyne, 320 Seiten, 12,99 Euro (E-Book: 9,99 Euro)

(jle)