Telegrams Kryptowährung Gram soll bis Ende Oktober fertig sein

Für 1,7 Milliarden US-Dollar hat der Messenger-Dienst Telegram Anrechte auf eine neue Kryptowährung verkauft. Bis Ende Oktober soll sie fertig sein.

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Chatdienst Telegram

(Bild: dpa, Armin Weigel/Illustration)

Lesezeit: 4 Min.

Die Macher des Messengers Telegram wollen offenbar bis zum 31. Oktober mit einer eigenen Kryptowährung auf den Markt kommen. Das berichtet die New York Times unter Berufung auf drei Investoren, die aber wegen Verschwiegenheitsvereinbarungen nicht namentlich genannt werden wollten. Die Kryptowährung wird demnach den Namen Gram tragen, eine Wallet-Anwendung dafür soll dann wohl Teil des beliebten Telegram-Messengers werden. Die Zahl der Nutzer des Messengers wird auf 200 Millionen bis 300 Millionen Accounts geschätzt, sie sollen dann mit Grams bezahlen können.

Bereits seit 2018 brodeln Gerüchte über das Krypto-Vorhaben Telegrams und Medien zitieren aus geleakten Whitepapern und Investorenbroschüren. Telegram gibt sich jedoch verschwiegen, den Berichten nach hat das Unternehmen für den Vorverkauf der Währung (Initial Coin Offering) ausschließlich auf einen kleinen Kreis von Großinvestoren gesetzt. Einzig offizielle Verlautbarung Telegrams sind bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereichte Dokumente, aus denen eingenommenes Kapital von insgesamt 1,7 Milliarden US-Dollar hervorgeht. Angeblich sollen die Investoren dafür ein Anrecht auf 2,89 Milliarden der Gram-Tokens erhalten haben.

Großer Konkurrent dürfte natürlich das von Facebook vorangebrachte Projekt Libra sein, eine digitale Währung, die Elemente von Kryptowährungen adaptiert und ein globales Zahlungsmittel werden soll. Anders als Libra soll Gram nicht durch andere Währungen gedeckt sein, es ist also mit den bei Bitcoin und Co. bekannten Kursschwankungen zu rechnen. Auch soll es keine Kontrollinstitution wie die Libra Foundation geben, die sich aus Investoren zusammensetzt.

Telegram-Gründer Pawel Durow schwebt dem Vernehmen nach ein dezentrales Blockchainsystem auf Basis eines Peer-to-Peer-Netzwerks vor. Es soll auf einen Proof-of-Stake-Algorithmus setzen und gut skalierbar sein. Das Ganze soll dann den Namen Telegram Open Network, kurz TON tragen und im Stile Ethereums das Fundament für weitere Dienste neben der Währung bilden. Als "ganz neue Wirtschaft mit Gütern und Diensten, die für Kryptogeld verkauft werden“, hat Telegram es dem New-York-Times-Bericht nach seinen Investoren schmackhaft gemacht.

Bis zum 31. Oktober will Telegram laut den Unterlagen, aus denen die New York Times zitiert, seinen Investoren die versprochene Kryptowährung liefern. Sollte das scheitern, bekommen die Geldgeber ihr Investment zurück. Ein Testnetz soll laut den Quellen der Zeitung innerhalb der nächsten ein bis zwei Wochen live gehen. Innerhalb der kommenden zwei Monate sollen die Investoren dann ihre Grams kriegen. Wenn das klappt, wäre man schneller auf dem Markt als Facebooks Libra, das erst 2020 kommen soll.

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Doch auch wenn die Technik rechtzeitig fertig wird, bezweifelt mancher Beobachter, dass Telegram auch in der verbliebenen Zeit Behörden und Aufsichtsstellen von seinem Vorhaben überzeugen kann. Wie sehr ein privatwirtschaftliches Kryptogeldvorhaben mit globalem Anspruch Gegenwind ernten kann, lässt sich gerade recht gut bei Libra beobachten. Bei Politikern und Zentralbanken stößt das Projekt auf massiven Widerstand, zuletzt hatte die EU-Kommission eine Prüfung des Vorhabens angekündigt.

Telegram hat sich bislang auch nicht durch besonders hohe Kooperationsbereitschaft mit Behörden hervorgetan. Die Unternehmensstruktur hinter dem Messenger wirkt mit ihren wechselnden Standorten eher undurchsichtig – und laut Äußerungen von Gründer Pawel Durow gegenüber verschiedenen Medien ist das auch bewusst gewählt, um nicht zur Zusammenarbeit mit Behörden gezwungen werden zu können. Das geheimniskrämerische Vorgehen bei dem Kryptowährungsprojekt fügt sich da nahtlos ins Bild. (axk)