Schau mir in die Augen, Roboter

Die neue Bibliothek Oodi in Helsinki besticht durch Hightech und moderne Architektur. Doch die helfenden Bücherei-Roboter kamen nicht gut an. Bis man ein simples Feature hinzufügte.

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Touristen und Bewohner haben seit Dezember vergangenen Jahres ein neues Highlight in der Stadt Helsinki: Oodi. Der neue Bau ist nicht nur eine öffentliche Bibliothek, sie ist wie ihre finnische Bezeichnung übersetzt bedeutet vielmehr eine "Ode" - an die Archtiktur, das Zusammenleben, gemeinsame Aktivitäten und natürlich auch an Bücher. Es überrascht daher nicht, dass die International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) Oodi kürzlich zu den vier Nominierten um den Preis der "Öffentlichen Bibliotheken des Jahres 2019" ernannt hat. Unter 16 neu entstandenen Bibliotheken setzte die Jury den Helsinkier Neubau auf die Shortlist aufgrund "seines Brückenschlags der Konzepte von Gleichheit, Teilhabe, Bewohnerschaft und Nachhaltigkeit", die Bibliothek "zeigt den Weg für Zentralbibliotheken weltweit". Mit der Ehrung nicht genug – auch das Magazin Time hebt die besondere Bedeutung der Oodi-Bücherei hervor und setzt den Bau am Kansalaistori gegenüber des Parlamentsgebäudes auf seine Liste der 100 "World‘s Greatest Places 2019".

Eine tolle Sache also. Wäre da nicht ein kleiner Wermutstropfen: Der futuristisch anmutende Komplex setzt natürlich auch auf Hightech-Unterstützung im Service-Bereich: Kleine Roboter – gewissermaßen Kisten auf Rädern mit montierten Tablets –, die zeitfressende Aufgaben der Angestellten übernehmen sollen. Das sind vor allem Wegnachfragen von Besuchern, etwa zu den Toiletten oder zu einer bestimmten Buch-Abteilung. Mit dem Roboter-Einsatz sollte zugleich ein Beitrag zur komplexen Mensch-Maschine-Interaktion geleistet werden. Doch leider wurden die mithilfe der Firma Futurice entwickelten Roboter kaum genutzt. Die Menschen nahmen sie nicht als "soziale Objekte" wahr, sagt Minja Axelsson, Roboter-Expertin bei Futurice, gegenüber Fast Company. Schlimmer noch: Kinder sprangen auf den rollenden Helfer herum. Aber eine simples Feature brachte eine Trendwende.

Das Futurice-Team brachte ein paar große Kulleraugen auf dem Roboter an. Dazu kamen noch ein paar Sound-Effekte und neue Bewegungsmuster. So beginnt nun der Roboter beispielsweise vermehrt herum zu fahren, wenn Gäste ihn lange Zeit nicht für Fragen nutzen, oder er gibt fröhlich pfeifende Töne von sich, wenn er den Büchersuchenden erfolgreich zum Ziel geführt hat. Das Augenpaar signalisiert außerdem die Richtung, die die Besucher zuvor erfragt hatten.

Mit diesen simplen Programmierungen gelang es, aus dem automatisierten Bücherwagen einen Roboter mit "Persönlichkeit" zu machen. Gegenüber Fast Company resümiert ein Oodi-Angestellter, dass er viel zugänglicher mit dem Paar Kulleraugen ist. Und Futurice-Mitarbeiterin Axelsson berichtet, dass auch der "Missbrauch" des Roboters aufhörte. Inspiration hatte sich Axelsson übrigens aus der Zeichentrick-Welt geholt. Durch Disneys "12 basic principles of animation" war sie auf die Idee mit den Kulleraugen gekommen. Wenn sich doch alles im Leben so einfach beheben ließe, wenn man Kulleraugen draufklebt.

(jle)