Was bringt 8K und wer braucht Riesen-TV-Displays?

Die TV-Hersteller bieten immer größere Geräte mit immer besserer Ausstattung an, um den Verkauf anzukurbeln. Dabei steht 8K im Fokus. Für wen bringt die hohe Auflösung Vorteile?

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Was bringt 8K und wer braucht Riesen-TV-Displays?
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Noch größer, noch mehr Pixel, noch smarter – so präsentieren die Fernsehhersteller ihre aktuellen Geräte. Sie scheinen dabei zuweilen zu übersehen, dass sich viele Nutzer dies überhaupt nicht wünschen und TV-Displays mit mehr als 1,65 Metern Diagonale (65 Zoll) in viele Wohnzimmer gar nicht hineinpassen. Die mittlere Bildschirmdiagonale der Neugeräte in Deutschland liegt weiterhin unter 50 Zoll, genauer bei 45 Zoll, also 1,14 Metern.

2018 waren nur 11,7 Prozent der verkauften TVs größer als 55 Zoll. Und auch wenn der Absatz bei größeren Diagonalen rasant steigt: Das Mehrfache von wenig ist immer noch wenig.

Dass Unternehmen wie Samsung, LG, Sony & Co. trotzdem wie jüngst auf der IFA Topgeräte mit über 2,50 Metern Diagonale präsentieren, hat mehrere Gründe. Sie wollen beweisen, dass sie derartige Riesenschirme produzieren können und hoffen dabei auf eine kleine, aber zahlungskräftige Kundschaft. Außerdem steigern die Topmodelle das Image der Hersteller und erhöhen so auch die Chancen bei den potenziellen Kunden kleinerer Fernseher.

Insgesamt geht die Anzahl der verkauften TV-Geräte jedoch zurück, im ersten Halbjahr 2019 wurden 1,5 Prozent weniger Geräte verkauft. Der Umsatz fiel sogar um 10 Prozent. Die meisten Kunden sind nicht bereit oder in der Lage, die für Großbildschirme und Topgeräte fälligen Preise zu zahlen: Im Mittel gaben Käufer hierzulande im ersten Halbjahr gerade einmal 564 Euro für ein neues TV aus – fast neun Prozent weniger als im Jahr zuvor. Dafür gibt es weder Bilddiagonalen über 70 Zoll noch 8K-Auflösung.

Hinzu kommt: Für die 7680 × 4320 Bildpunkte der ultrahohen Auflösung existieren derzeit (fast) keine Inhalte, TV-Signale gehen bislang nur selten über Full HD hinaus. Deshalb müssen 8K-Displays die Bilder auf ihre höhere Pixelzahl umrechnen. Diese Interpolation erledigt eine künstliche Intelligenz (KI) – die smarten Fernseher lernen aber nicht selbst, sondern Samsung & Co. werten im Labor riesige Bildmengen aus und übergeben die Daten per Firmware-Update ans TV.

Für das Verhältnis von Auflösung zur Bilddiagonale hat Apple vor Jahren den Marketingbegriff „Retina“ eingeführt. Damit wollte der iPhone-Hersteller festlegen, welche Auflösung für welche Displaydiagonale ausreicht, damit die Nutzer kein störendes Pixelraster mehr wahrnehmen. Die Retina-Auflösung hat sich im Laufe der Zeit allerdings zu immer höheren Pixeldichten verschoben.

Rechnerisch setzt man dafür die Pixeldichte in Bildpunkten pro Zoll (dots per inch, dpi) ins Verhältnis zum Betrachtungsabstand. Bei den neuen Top-TVs stellt sich die Frage, ob der Zuschauer am Display überhaupt einen Unterschied zwischen 4K- und 8K-Auflösung sieht.

Aus dem im Wohnzimmer üblichen Betrachtungsabstand von zwei bis drei Metern kann der normalsichtige Mensch gerade mal 0,6 bis 0,9 Millimeter unterscheiden. Ein 70-zölliges 8K-Display hat 0,2 Millimeter große Pixel, beim 4K-TV gleicher Diagonale haben die Pixel eine Kantenlänge von 0,4 Millimeter; in der Pixeldiagonalen sind es knapp 0,3 beziehungsweise 0,55 Millimeter. Aus zwei Metern Abstand dürfte der Zuschauer das Pixelraster also weder auf dem einen noch auf dem anderen 70-Zoll-TV wahrnehmen – geschweige denn auf noch kleineren Displays.

Samsung will sein 146-zölliges LED-Display The Wall mit 3,70 m Bilddiagonale Privatnutzern für voraussichtlich knapp 500.000 Euro anbieten.

LG will künftig 88-zöllige OLED-TVs mit 8K-Auflösung anbieten. Samsung stellte derweil einen 55"-TV mit 8K-Auflösung vor. Ein solcher 33-Millionen-Pixel-Schirm mit 1,40 Meter Diagonale ist eventuell für Fotografen interessant, die ihre Bilder am großen Display begutachten, bearbeiten und präsentieren wollen. Im Wohnzimmer dürften sich für solche TVs allenfalls Cineasten mit Adleraugen und einem Hang zu teurem Equipment begeistern können. Alle anderen sollten vorerst bei 4K bleiben.

Dieser Artikel stammt aus c't 20/2019. (uk)