Stellenwechsel: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Der Arbeitsmarkt für IT-Spezialisten ist hervorragend, es gibt Stellenangebote zu Hauf. Sollten IT-Profis die Gunst der Stunde nutzen und wechseln?

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Stellenwechsel: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Frustriert vom Job? Ein Wechsel kann helfen.

(Bild: And-One / shutterstock.com)

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Von
  • Peter Ilg
Inhaltsverzeichnis

Im vergangenen Jahr wurden 72.000 Stellen in Deutschland mithilfe von Personalberatern in Deutschland besetzt. Das waren sechs Prozent mehr als im vergangenen Jahr und so viele wie noch nie, teilt der Bundesverband deutscher Unternehmensberater auf Nachfrage mit. Die Steigerung begründet der Verband mit der zunehmenden Schwierigkeit der Unternehmen, qualifizierte Stellen selbst zu besetzen. Deshalb nutzen sie die Dienste von Personalberatern, die einen professionellen Zugang zum Arbeitsmarkt haben.

heise jobs – der IT-Stellenmarkt

Zu Arbeitsplätzen und Stellenangeboten in der IT-Branche siehe auch den Stellenmarkt auf heise online:

Die Vesterling AG mit Sitz in München ist eine Personalberatung, die auf die Besetzung von Technologie-Positionen spezialisiert ist, mit klarem Schwerpunkt IT. Etwa 200.000 Kandidaten hat die Personalberatung in ihrer Datenbank, die allermeisten davon sind Informatiker. Rund 2.000 Unternehmen sind Kunden.

"Die IT-Profis wissen, dass die Gehälter im Technologiebereich aufgrund der hohen Nachfrage nach ihnen stark steigen. Davon wollen viele profitieren und durch einen Wechsel deutlich mehr verdienen als bisher, damit nimmt die Wechselbereitschaft spürbar zu“, sagt Eva Vesterling, Vorsitzende des Aufsichtsrats des Familienunternehmens. Nach eigenen Auswertungen sind die Gehälter im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr um rund 15 Prozent gestiegen. Ein Wechsel führt daher wahrscheinlich zu einem höheren Einkommen.

Geld ist zwar ein wichtiger, nicht aber der wichtigste Grund für einen Wechsel, stellt Vesterling fest. "Die meisten reizt es, an einem IT-Trendthema mitzuarbeiten.“ Künstliche Intelligenz oder autonomes Fahren sind Beispiele dafür. Andere wollen neue Technologien erlernen, etwa SAP S/4HANA, dem Nachfolger des bisherigen Kernprodukts von SAP, dem ERP-System. Ein Wechsel kann deshalb auch zu einer neuen fachlichen Expertise führen. Oder er verbessert die Lebensumstände.

"Bei IT-Beratern erleben wir häufig, dass sie ihre Reisetätigkeiten verringern wollen“, sagt Vesterling. Ein Stellenangebot mit Arbeitsstelle in Wohnortnähe motiviert diese Menschen zu einem Wechsel.
Das sind drei sachlich nüchterne Beispiele dafür, mit welchen Angeboten ein Unternehmen bei einem wechselwilligen Kandidaten punkten kann. Weshalb IT-ler kündigen, ist ein emotionaler Grund: "Oft fühlen sie sich unzureichend wertgeschätzt“, sagt Vesterling. "Sie wollen erleben, wie wichtig sie fürs Unternehmen sind.“ Darauf legen sie großen Wert.

Aktiv auf Suche gehen müssen IT-Profis oftmals nicht. Gute Leute mit einem gefragten Fachwissen werden von Personalberatern wie Vesterling oder den Unternehmen selbst kontaktiert, überwiegend aufgrund ihrer Profile in sozialen Netzwerken.

"Ein Wechsel sollte nicht aus einer Laune heraus geschehen, sondern geplant sein und in die langfristige Karrierestrategie passen“, sagt Jutta Boenig, Vorsitzende im Vorstand der deutschen Gesellschaft für Karriereberatung und eigener Karriereberatung in Überlingen am Bodensee. Am besten, die Karriereplanung ist flexibel, "weil sich etwa die persönlichen Umstände ändern können“.

Wichtig für die Karriereplanung sind folgende Fragen, die jeder für sich beantworten sollte, der wechseln will: Will ich eine Fach- oder Führungskarriere machen und wie weit will ich nach oben kommen? Passt die aktuelle Situation zu meiner Lebensphase oder sollte ich die Stelle wechseln, um das Private und Berufliche in Einklang zu bringen? Will ich ins Ausland und wie wichtig ist mir Geld?

"Ich kenne todunglückliche Manager, die schon sonntags Bauchweh haben, weil sie am Montag wieder Chef sein müssen, aber nicht wirklich mit Menschen umgehen können“, sagt Boenig. Mit einer ehrlichen Planung lassen sich solche Karrierefehler vermeiden.

Vor einem Wechsel sollte man sich als ITler auch darüber im Klaren sein, dass in diesem Metier nicht, wie in anderen Berufen üblich, das Gehalt und der Einfluss auf das Geschäft mit zunehmender Mitarbeiterzahl steigt. "Ich kenne viele IT-Spezialisten, die sehr gut bezahlt sind, obwohl sie keine klassischen Manager sind, sondern exzellente Fachleute.“ Fachkarrieren sind in der IT durchaus möglich. Wenn ein interessantes Angebot kommt, das zur Karriereplanung passt, sollte man tatsächlich wechseln, empfiehlt Boenig.

Das tun tendenziell eher jüngere, hochqualifizierte Männer, weiß Oliver Stettes, Arbeitsmarktexperte am Institut der deutschen Wirtschaft Köln, aus Studien. Der Hauptgrund für einen Wechsel liege in der Unzufriedenheit der Mitarbeiter. "Bei Unzufriedenen steigt die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels.“ Je besser die Konjunktur, umso eher erfolgt dann tatsächlich ein Wechsel – "trotz des Risikos, den dieser immer mit sich bringt“, sagt Stettes: 1. Ist die neue Stelle wirklich besser als die alte? 2. Wird im neuen Job tatsächlich gehalten, was versprochen wurde?

Antworten darauf bekommt nur, wer einen Wechsel wagt. (axk)