Die rechnende Kugelbahn

"Turing Tumble" sieht aus wie eine Kugelbahn, ist aber ein mechanischer Computer, der Kinder zum Programmieren anregen soll. Unterhaltsam ist er auch ohne diesen Anspruch.

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Die rechnende Kugelbahn

(Bild: Turing Tumble LLC)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Bei diesem Spiel bin ich nicht ich selbst. Wenn ich will, kann ich die Weltraumingenieurin Alia sein, und das Spielfeld vor mir ist ein kaputtes Paneel eines außerirdischen Supercomputers. Das im Manga-Stil gezeichnete Begleitbuch dient als Rahmenhandlung für die 60 zunehmend komplexen Reparaturaufgaben. Das Spiel selbst besteht aus einer Bahn für rote und blaue Kügelchen, die Elektronen in Computerchips darstellen sollen. Sie durchlaufen und beeinflussen sechs verschiedene Sorten von Bauteilen. Das Ergebnis ist eine Art mechanischer Computer, auf dem Programme von einfachen Kugelmustern über Rechenaufgaben bis hin zu komplexen Spielen à la "Wer die letzte Kugel auslöst, verliert" laufen.

Das Entwickler-Ehepaar Paul und Alyssa Boswell aus Minnesota – er Chemiker, sie Lehrerin – will damit vor allem Schulkinder ab acht Jahren spielerisch zum Programmieren anregen. Aber auch Erwachsene sollen auf ihre Kosten kommen.

Zusammen mit der knapp achtjährigen Maya probiere ich es aus. Als ich mit ihr die vorgegebenen Aufgaben lösen will, schafft sie mit meiner Hilfe aber nur einige von ihnen, und so richtig gefesselt ist sie nicht. Sie experimentiert lieber frei herum – und wünscht sie sich das Spiel am Ende zu Weihnachten.

Um selber Probleme zu lösen, muss man wohl doch älter sein. Das Programmieren ist nämlich nur am Anfang trivial, etwa wenn die roten und blauen Kugeln abwechselnd ankommen sollen. Kniffliger wird es bei Aufgabe 17, als genau drei blaue und drei rote Murmeln gefragt sind. Immer wieder bleibt schon die dritte und nicht die vierte im Fänger-Element hängen. Ich fahre mit den Fingern die potenziellen Kugelstrecken ab und stecke einige grüne Wippen um (im Aufgabenheft kryptisch "Fallziele" genannt). Gerade als ich "Kann doch gar nicht klappen" murmele, finde ich die Lösung. Manchmal reichen weniger Bauteile, als das Buch vorgibt.

Auch die spitzen blauen "Bits", die durch ihre Ausrichtung Informationen speichern – links steht für Null, rechts für Eins – sorgen für zunehmendes Kopfkratzen. Sie zu einem Kugeln zählenden oder subtrahierenden Block anzuordnen, kriege ich noch hin. Als ich sie aber mit Zahnradelementen kombinieren soll, um etwas zu multiplizieren, zu dividieren oder Wenn-dann-Bedingungen zu programmieren, scheitere ich zunächst. Das Aufgabenheft erklärt deren Funktion fast gar nicht. Erst das online (und bisher nur auf Englisch) verfügbare Lehrer-Begleitheft sorgt für mehr Klarheit.

Trotz des begrenzten Zahlenbereichs – Addieren geht nur bis 15 – ist es cool zu verstehen, wie Computer rechnen. Man vergisst schnell, dass man programmiert, und verliert sich gern in den Aufgaben. Dass man dabei Hand anlegen kann und quasi auch haptisch denken muss, macht einen großen Reiz des Spiels aus. Online gibt es weitere Rätsel und sogar digitale Simulationen des Spiels.

Produkt: Turing Tumble
Hersteller: Turing Tumble LLC
Preis: 87 Euro (Schulen erhalten Rabatt)

(bsc)