Robotik: "Stumpfen Menschen ab, wenn sie brutal zu Robotern sind?"

Kate Darling erforscht, ob Roboter unser Verhalten zum Guten oder Schlechten ­beeinflussen. Sie plädiert auch für Forschung darüber, ob menschenähnliche Roboter als ­therapeutische Ventile für Pädophile dienen könnten, um so Kinder zu schützen.

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(Bild: Flavia Schaub)

Lesezeit: 3 Min.
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TR: Manchmal müssen Forscher ungewöhnliche Dinge tun. Sie haben zum Beispiel Versuchspersonen gebeten, einen kleinen Dinosaurierroboter zu foltern. Warum, und was haben Sie dabei herausgefunden?

Kate Darling: Pleo ist ein wirklich niedlicher Baby-Dinosaurierroboter: Er zeigt ein lebensechtes Verhalten und ahmt beispielsweise Schmerzen nach, wenn man ihn am Schwanz festhält oder zu hart schlägt. Da diese Roboter recht teuer sind, haben wir damit allerdings keine echten Versuche durchgeführt, sondern nur ein Gedankenexperiment. Bei einem Workshop, den mein Kollege Hannes Gassert und ich veranstalteten, haben wir von den Teilnehmern, die mit den Dinos spielten, zu deren Überraschung verlangt, dass sie die Roboter foltern und töten sollten. Es war sehr dramatisch. Sie wollten es nicht tun.

Die echten Versuche haben Sie dann mit einfacheren Insekten­robotern nachgeholt.

Hexbugs bewegen sich wie Insekten, zu denen Menschen nicht sofort eine Beziehung aufbauen. Die Probanden sollten diese Roboter mit Hammern zertrümmern. Wir fanden eine Korrelation zwischen der allgemeinen Neigung der Menschen zu Empathie und der Zeit, die sie zögern, die Hexbugs zu schlagen. Das passt zu einer Studie von Astrid Rosenthal-von der Pütten und Kollegen. Sie zeigten Probanden Videos von Pleos, die gefoltert wurden, und maßen unter anderem die Gehirnaktivität der Probanden, während diese sich die Videos ansahen. Sie zeigten mit dem Experiment, dass sich die Menschen in die Roboter einfühlen. Nicht im selben Maß wie in andere Menschen, aber Menschen haben mit Sicherheit mehr Verständnis für den Roboter als für das unbelebte Vergleichsobjekt, in diesem Fall eine Kiste.

Warum mögen wir Roboter so sehr und bauen oft starke emotionale Beziehungen zu ihnen auf?

Wir sind sehr beeinflusst von Science-Fiction und Popkultur. Aber der Hauptgrund ist, denke ich, dass wir biologisch so ­verdrahtet sind, dass wir auf bestimmte Signale reagieren. Zum Beispiel neigen wir dazu, menschenähnliche Eigenschaften, Emotionen, Merkmale und Verhaltensweisen, auf nichtmenschliche Wesen wie unsere Haustiere zu projizieren oder Gesichter in Dingen wie dem Scheinwerfer eines Autos zu sehen.
Worauf wir ebenfalls sehr stark reagieren, ist, dass sich Roboter auf eine Weise bewegen, die uns als autonom erscheint. Unser Gehirn scheint evolutionär so verdrahtet zu sein, dass es zwischen Objekten und Dingen unterscheidet, die sich wie ­Akteure bewegen. Das macht Sinn, weil Akteure sich in der Vergangenheit eher als gefährlich erwiesen haben, und man daher mehr auf sie achten muss. Selbst sehr einfache Roboter werden die Menschen dazu bringen, sie so zu behandeln, als wären sie lebendig. Durch das Design von Robotern können Sie diesen Effekt verstärken, und genau das leistet die soziale Robotik.

(wst)