Zahlen, bitte! 9332800, da wird dem Whistleblower geholfen ...

Wer den Inspector General of the Intelligence Community mit einer Beschwerde über geheime Vorgänge erreichen will, kann eine Telefonnummer wählen.

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Zahlen, bitte! 9332800, da wird dem Whistleblower geholfen ...
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

In den Vereinigten Staaten von Amerika gilt das System der Checks and Balances. Es gibt Geheimdienste wie die Central Intelligence Agency und die National Secutity Agency und es gibt den Inspector General of the Intelligence Community als Aufsicht über ihre Tätigkeit. Wer den amtierenden Inspektor mit einer Beschwerde über geheime Vorgänge erreichen will, wählt 9332800.

In den USA haben sich zwei Whistleblower gemeldet und über Verhandlungen berichtet, die US-Präsident Donald Trump mit einem ausländischen Regierungsinhaber geführt hat, um einen Konkurrenten im Wahlkampf zu schwächen. Beide Whistleblower sollen dem Auslandsgeheimdienst CIA angehören und weiterhin für ihn tätig sein. Das hat zu einer Debatte geführt, was Whistleblowing eigentlich ist. Die unbekannten Whistleblower werden mit Chelsea Manning, John Kiriakou, Jeffrey Sterling oder Edward Snowden verglichen, die samt und sonders ins Gefängnis wanderten oder ins Exil gehen mussten.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Gegen US-Präsident Donald Trump ist ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet worden. Ausgelöst wurde es durch einen Whistleblower, der sich beim Generalinspektor der Geheimdienste gemeldet hat und den Inhalt eines Telefongespräches zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schilderte. Demnach soll Trump die ukrainische Regierung aufgefordert haben, die angeblichen Machenschaften der Familie Biden zu untersuchen. Joe Biden ist einer der Herausforderer von Trump zur anstehenden Präsidentenwahl im Jahre 2020. Mit der Schilderung des inzwischen als geheim klassifizierten Telefonats hat der Whistleblower die Regeln für das Whistleblowing von Geheimnissen eingehalten, auch wenn er nicht direkt zum Telefonat anwesend war. Inzwischen soll sich ein zweiter Whistleblower gemeldet haben, der das Telefonat zwischen Trump und Selenskyj mitgehört hat.

Beide Whistleblower werden umfassend geschützt. So berichtet der Fernsehsender CNBC, dass sie im Fall einer Aussage vor einem noch zu bildenden Untersuchungsausschuss verkleidet erscheinen und mit verstellter Stimme sprechen sollen. So sollen sie vor Nachstellungen durch die Medien geschützt werden, aber auch weiter in ihrem Geheimdienst-Job arbeiten können. Den Whistleblowern wird angerechnet, dass sie sich an den Dienstweg gehalten und sich nicht an die Presse gewandt haben. Das ist ein Vorgehen, das auch in der neuen EU-Richtlinie zum Schutz der Whistleblower empfohlen wird. Im Gegensatz dazu stehen Whistleblower wie Chelsea Manning oder Edward Snowden, die sich an Wikileaks (nachdem die Presse nicht reagierte) oder an die Presse wandten. Beide werden darum in der kürzlich eröffneten Wall of Spies als Spione geführt.

Doch reicht es aus, eine Hotline zu wählen oder eine Beschwerde zu verfassen? Nicht immer ist es so einfach wie im Fall des plumpen Telefonats von Donald Trump. Die gerade erschienene Autobiographie Permanent Record. Meine Geschichte gibt keine Hinweise darauf, wie Snowden vorgegangen ist, ob er versuchte, die 9332800 zu wählen oder seine Bedenken auf anderen Wegen intern zu äußern. In seiner schriftlichen Antwort auf Fragen des Europaparlaments schreibt Snowden, dass er sich an mehr als zehn Verantwortliche gewandt habe, ehe er sich entschlossen habe, die Presse zu kontaktieren. Das Parlament wollte von ihm wissen, ob er vor seiner Flucht einen Weg gesucht hatte, die von ihm entdeckten Missstände zu melden.

Dieser Tage kommt das Buch "Unwanted Spy: The Persecution of an American Whistleblower" des CIA-Anwalts Jeffrey Sterling in den Handel. Darin beschreibt Sterlin, wie er vergeblich den internen Beschwerdeweg zu benutzen versuchte. Sterlings Mail-Kommunikation wurde danach jedoch überwacht. Er wurde angeklagt, als er mit einem Journalisten kommunizierte und nach dem Espionage Act zu einer Gefängnisstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. (anw)