GitHub äußert sich zu einem ungeliebten Kunden: der US-Einwanderungsbehörde

In einem offenen Brief distanziert sich CEO Nat Friedman vom Vorgehen der ICE, erklärt aber, warum die Geschäfte weiterlaufen sollen.

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Landkarte zeigt die US-Staaten so, dass zwei benachbarte Staaten nie die selbe Farbe habe

(Bild: Eric Fischer CC BY 2.0)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Rainald Menge-Sonnentag
Inhaltsverzeichnis

Nach dem Ärger um die US-Zoll- und Polizeibehörde als Kunde äußert sich nun Nat Friedman, CEO von GitHub auf dem Firmenblog in einem öffentlichen Brief zu den Geschäftsbeziehungen mit der United States Immigration and Customs Enforcement Agency (ICE), wie die Einrichtung in den USA heißt, die seit 2016 Kunde von GitHub ist. Offensichtlich haben sich auch viele Nutzer von GitHub über die Geschäfte beschwert, und auch die Geschäftsleitung hat Bauchschmerzen wegen der Zusammenarbeit.

Der Anbieter von Continuous-Delivery-Werkzeugen Chef hatte Ende September erklärt, dass er den Vertrag mit der ICE auslaufen lassen wird. Friedman will die Geschäftsbeziehungen nicht beenden, aber ein klares Statement gegen das aktuelle Vorgehen der Behörde setzen. Die Finanzen spielen dabei laut seiner Aussage keine Rolle, da die genannten Einnahmen von 200.000 US-Dollar nicht kritisch für das Geschäft von GitHub seien. Konkret hat die Behörde eine Lizenz für den GitHub Enterprise Server, den sie in ihrem Rechenzentrum betreibt. Ein Service-Agreement oder Beratungsgeschäfte gibt es darüber hinaus wohl nicht.

Friedman erklärt, dass er und die Geschäftsleitung entschlossen gegen das aktuelle Vorgehen der Zollbehörde sind. Besonders hebt er das Trennen von Familien an der Grenze und den Bann von Muslimen hervor. Gegen beide Maßnahmen hat sich das Unternehmen bereits früher im offiziellen GitHub-Policy-Tweet geäußert. Auch die GitHub-Mutter Microsoft habe sich insbesondere in Person des CEO Satya Nadella immer wieder gegen das Vorgehen der Behörde unter der aktuellen Regierung ausgesprochen.

Allerdings sehe man auch, dass die ICE eine große Behörde mit mehr als 20.000 Mitarbeitern sei, die für viele Bereiche zuständig ist. Neben den verurteilten Maßnahmen gehöre zu ihren Aufgaben auch, gegen Menschenhandel, die Ausbeutung von Kindern, Gewalt organisierter Banden und Geldwäsche vorzugehen.

Friedman erklärt in fünf Punkten die Abwägung der Entscheidung, die Geschäfte weiterzuführen:

  1. sehe GitHub, dass die ICE einerseits für das Durchsetzen der US-Immigrationspolitik verantwortlich ist, andererseits auch Verbrechen wie Menschenhandel bekämpft. Man könne nicht sagen, wofür der GitHub Enterprise Server genutzt wird, müsse aber damit rechnen, dass er für die Zwecke zum Einsatz kommt, gegen die das Unternehmen ist.
  2. gebe es klare Lizenzvorgaben inklusive der akzeptablen Nutzung der Software. Sollte GitHub einen Verstoß dagegen erkennen, würde es dagegen vorgehen.
  3. respektiere das Unternehmen, dass die USA ein demokratischer Staat sei, in der die Öffentlichkeit die Regierung wählt. Technologiefirmen würden nicht gewählt, hätten aber eine öffentliche Stimme, die sie nutzen sollten, statt ihren technischen Diensten den Stecker zu ziehen, wenn sie mit dem Vorgehen von Regierungsbehörden nicht einverstanden seien.
  4. glaube GitHub nicht daran, dass das Auflösen eines Geschäftsvertrags die derzeitige Administration dazu bringe, ihr Vorgehen zu ändern. Andere Maßnahmen wären besser geeignet, die öffentliche Meinung und damit das Vorgehen zu ändern, darunter ein sinnvoller Dialog.
  5. sollten die Nutzer der GitHub-Software die Freiheit haben, sie nach ihrem Gutdünken zu nutzen. Eine Welt, in der Entwickler in einem Land oder allen Ländern GitHub erklären müssten, was sie damit programmieren, würde deren grundlegenden Rechte untergraben.

GitHub will aber nicht einfach die Geschäftsbeziehungen weiterlaufen lassen und so tun, als handle es sich bei der ICE um einen von vielen Kunden. Das Unternehmen will weiter dafür kämpfen, die "schreckliche Immigrationspolitk" der aktuellen US-Regierung zu ändern. Dazu sollen auch Microsofts Legislative-And-Government-Affairs-Teams ihren Einfluss geltend machen.

Um nicht in den Verdacht zu kommen, die Finanzen in den Vordergrund zu stellen, kündigt Friedman an, 500.000 US-Dollar an Non-Profit-Organisationen zu spenden, die den Einwanderergruppen helfen, die unter der Immigrationspolitik der aktuellen Regierung leiden. GitHub habe bereits zuvor Organisationen wie Border Angels, Families for Freedom und Movement on the Ground unterstützt.

Über das grundsätzliche Problem und die Maßnahmen habe die Geschäftsleitung mit den Mitarbeitern in den vergangen Wochen diskutiert. Erstere sei sich bewusst, dass einige Mitarbeiter vorhaben, einen Brief zu dem Thema zu verfassen. Auch jenseits der aktuell angekündigten Maßnahmen habe die Geschäftsleitung ein offenes Ohr und kündigt eine Frage-und-Antwortstunde zum Thema an.

Der öffentliche Brief von Nat Friedman findet sich auf dem GitHub-Blog. (rme)